Zeitreisen

Jahr in G.: 2020

Eines fehlt. Hab ich glatt vergessen. Für 2019 gibt es keinen Jahresrückblick (anders als für (20122014201520162017 und 2018). Lag wohl daran, dass 2020 anders anfing als die meisten Jahre davor: am Flughafen. Die erste große Reise mit unserer Kleinen begann – fünf Wochen Florida. Da gab es so viele Eindrücke, dass mir die Rückblicke wohl einfach durchgegangen sind. Aber: ich gelobe Besserung! Als Zeichen meines guten Willens und auf vielfachen Wunsch starte ich hier gleich mit den G.s des Jahres 2020:

Gecampt: Rückblickend hatten wir ziemliches Glück. Als wir am 1. Januar 2020 sehr müde und mit einem sehr vollgeladenem Auto in Richtung Flughafen fuhren, ahnten wir nicht, dass Derartiges schon ein paar Wochen später erstmal nicht mehr möglich sein würde. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir ganz andere Sorgen: Wie wird unsere einjährige Tochter den langen Flug überstehen? Wie wird die Kleine mit dem Leben im Wohnmobil klarkommen? Was ist mit uns? Gehen wir uns womöglich in den mehreren Wochen auf so engem Raum irgendwann auf die Nerven? Und das Wohnmobil: Kann ich so ein Riesenschiff überhaupt fahren? Anders formuliert: Haben wir uns womöglich zu viel vorgenommen? Eines kann ich inzwischen definitiv sagen: nein! Und es wird definitiv nicht die letzte Wohnmobil-Tour mit Kind sein. Nur wird das Wohnmobil beim nächsten Mal wohl noch etwas größer ausfallen müssen – schließlich brauchen wir dann Platz für zwei Kinder …

Gereist: Nach Florida war es mit den großen Reisen aus bekannten Gründen ziemlich schnell vorbei. Den Sommer jedenfalls verbrachten wir an der Nordsee, was für mich weniger ein Wegfahren und mehr ein Nachhausekommen ist. So fühlt es sich jedenfalls immer an, wenn das Land endlich flacher und das Bier herber wird. Die schöne Ferienwohnung machte das Abstandhalten zu anderen Menschen leicht und auch sonst passierte nicht viel, außer dass meine Tochter sich nun rühmen kann, endlose Kilometer Deich mit mir abgewandert zu sein und dabei das eine oder andere Schaf hat bespaßen dürfen. Eine weitere kurze Reise unternahm ich alleine, besuchte seit langem wieder mal Hamburg und Bad Zwischenahn, pendelte ein wenig zwischen Nord- und Ostsee hin und her und hielt ansonsten von allem Abstand, was potenziell Corona-ansteckend oder ansteckbar gewesen wäre.

Gespielt: Dass die Spielplätze geschlossen wurden, war wohl aus Sicht meiner Tochter die härteste Corona-Maßnahme des Jahres 2020. Erklär mal einer nicht ganz Eineinhalbjährigen, dass die Schaukel zwar da ist, sie diese aber nicht benutzen darf. Statt zu schaukeln durfte sie aber stattdessen den Wald unsicher machen und endlos die kleinen Hügel im Park raus- und wieder runterrennen. Schwierig wurde es nur, wenn ein Spielplatz doch mal aus Versehen in Sichtweite kam.  Ansonsten habe ich 2020 jede Menge neue Spiel gelernt. Favorit zum Jahresende: Verstecken. Und natürlich: Turmbauen (und -umwerfen).

Gehört: Viele der Eltern unter meinen Lesern werden nun zusammenzucken, doch ich muss den Namen nennen: Simone Sommerland. Wenn man Kinder hat, kommt man einfach nicht um diese Frau herum. Sie scheint alles vertont zu haben, was auch nur ansatzweise an Kinderlieder erinnert. Was ist nur aus der guten alten Zeit geworden, wo Kinderlieder noch von Rolf Zuckowski gesungen wurden?

Gelaufen: Hab ich früher mal regelmäßig gemacht. Bis ich mich vor Jahren in einem Fitnessstudio anmeldete. Dann eigentlich nicht mehr. Ich dachte dennoch, ich bin einigermaßen fit. Galt aber anscheinend nicht mehr fürs Laufen. Da war ich anfangs doch ziemlich aus der Puste. Trotzdem habe ich es Corona-bedingt wieder entdeckt und bin ein bisschen stolz, inzwischen recht problemlos eine Stunde durch den Park rennen zu können. Draußen ist eben doch nochmal was anderes als auf dem Laufband.

Gelesen: Ich lasse nach. Waren es 2018 noch 52 Bücher, 2019 immerhin noch 32 habe ich im vergangenen Jahr nur noch 24 Bücher geschafft. Dafür habe ich selbst wieder mehr geschrieben. Tut auch mal gut. Highlights bei den Büchern die ich gelesen (oder gehört) habe waren unter anderem:

  • Jonathan Franzen, Die Korrekturen
  • Michael Hjorth und Hans Rosenfeldt, die gesamte Bergman-Reihe
  • Thomas Fuchs, Hemingway
  • Karsten Dusse, Achtsam morden
  • Benedict Wells, Becks letzter Sommer

Ganz interessant fand ich außerdem Hopestreet von Hosen-Frontman Campino, aber eher für Leute die, wie ich, als Teenager mal Hosen-Fans waren (oder vielleicht für Fußball-Fans). Nicht schlecht fand ich auch Hamster hinterm Stromgebiet von Joachim Meyerhoff. Leider kam das Buch nicht an die übrigen Bücher aus der autobiographischen Reihe des Autors ran.

Gebloggt: Ist zehn viel oder weniger? Es gab Zeiten, da habe ich alle zwei, drei Tage einen Post rausgeschossen. Inzwischen ist das deutlich weniger geworden. Wenn ich mir allerdings anschaue, wie viele von den Blogs, die ich früher einmal gerne gelesen habe, inzwischen gar nicht mehr oder höchstens zwei Mal im Jahr befüllt werden, finde ich zehn wiederum gar nicht so schlecht. Noch besser klingt natürlich eine andere Zahl: 1178. So viele Posts habe ich, diesen hier eingeschlossen, seit dem Start dieses Blogs im Jahr 2017 veröffentlicht.

Geschafft: Nach Jahren im Keller und einem vergeblichen Versuch, ihn beim letzten Sperrmüll mit einem “zu verschenken – funktioniert noch!”-Zettel loszuwerden, habe ich es endlich geschafft, den alten Röhrenfernseher zum Wertstoffhof zu fahren. Dort wohnt er jetzt auf einer Palette mit einer ganzen Reihe ebenfalls ausgemusterter Kollegen, die allerdings allesamt schon Flachbildschirme haben. Das heißt, vermutlich wohnt er da nicht mehr, sondern wurde inzwischen fachgerecht entsorgt. Aber darüber möchte ich gar nicht weiter nachdenken.

In diesem Sinne, auf ein schönes 2021!

 

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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