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10 G.

“Ich glaube, manchmal weigern sich die Worte absichtlich, aus meinem Kopf in meine Finger und anschließend in die Tastatur meines Laptops zu fließen.”

Mit diesen Worten habe ich den ersten Post begonnen, den ich auf Felix’ Welt veröffentlicht habe. Heute ist das auf den Tag genau 10 Jahre her. Da Online-Jahre mindestens wie Hundejahre gezählt werden müssen, könnte man also sagen, dass mein Blog heute mindestens 70. Geburtstag feiert, je nachdem, wie man Hundejahre rechnet. Zeit für einen Rückblick – natürlich in G..

Gestartet: Als ich mit Felix’ Welt begonnen habe, waren Blogs noch eine Randerscheinung. Die meisten meiner Freunde konnten noch nicht einmal mit dem Begriff etwas anfangen. Eine Bekannte einer Bekannten gehörte allerdings damals zu den Exoten, die bereits regelmäßig Gedanken ins Internet stellten. Veröffentlicht hat sie diese auf ihrem Myspace-Profil. Das habe ich immer gerne gelesen. Der Auslöser, es selbst mit einem Blog zu versuchen, war meine Masterarbeit. Weil ich hier partout nicht weiterkam und es satt hatte, stundenlang gar nichts zu Papier zu bringen, habe ich eben mit dem Bloggen angefangen

Gehosted wurde Felix’ Welt seitdem auf drei verschiedenen Servern. Anfangs lautete die Adresse noch felix-welt.blogspot.com, ein Angebot von google. 2008 zog ich die Seite auf den ersten eigenen Webspace und auf wordpress um. Nachdem dieser irgendwann zu klein zu werden drohte, folgte vor zwei oder drei Jahren ein weiterer Wechsel.

Gemailt: In erster Linie schreibe ich für mich. Trotzdem wäre es natürlich nett, wenn auch andere lesen, was ich so ins Internet schreibe, dachte ich mir damals. Die ersten, die von Felix’ Welt erfuhren, waren die Menschen, die ich schon einige Jahre zuvor regelmäßig per Mailverteiler mit den Erfahrungen meiner Weltreise belästigt oder belustigt hatte. Wieder per Rundmail verkündete ich, dass ich nun auch unabhängig von etwaigen Reiseaktivitäten schreiben würde, und dass sie herzlich eingeladen wären, ebendies zu lesen.

Gesucht: Es dauerte nicht lange, bis auch andere Menschen auf meinen damals noch sehr jungen Blog aufmerksam wurden. Ob die allerdings immer fanden, was sie suchten, wage ich zu bezweifeln. Einer der beliebtesten Suchbegriffe, über die Menschen Felix’ Welt damals fanden, lautete “Sex im Flugzeug”. Verstärkt wurde dieser Trend dadurch, dass ich die kuriosesten Suchbegriffe unter eben dieser Überschrift zu sammeln begann, und sie unregelmäßig veröffentlichte. Weitere beliebte Suchen waren oder sind übrigens “nackt bügeln”, “nackt duschen” und “Initiativbewerbung-Online.de”.

Gezählt: Während anfangs noch alle ein bis zwei Tage ein neuer Beitrag online ging, schaffe ich es inzwischen nur noch alle ein bis zwei Wochen etwas zu veröffentlichen. Einmal gingen wegen eines Server-Fehlers (oder weil ich mich blöd anstellte?) drei oder vier Einträge verloren, ansonsten ist das Felix’ Welt Archiv vollständig. Der 1000. Post ging im vergangenen Jahr online, inzwischen sind es, desen Eintrag mitgerechnet, 1092 Posts.

Geändert hat sich in den vergangenen zehn Jahren nicht nur die Optik von Felix’ Welt immer mal wieder. Auch inhaltlich hat sich einiges getan. Schrieb ich anfangs noch regelmäßig über Kuriositäten, die ich während meiner Hostel-Nachtschichten erlebte (ich habe mir mein Master-Studium als Nachtportier in einem Berliner Hostel finanziert), kamen nach und nach weitere Themen dazu, die ich grob unter der Überschrift “Gedankengänge” zusammenfasste. Nachdem ich anfing, mich stärker mit dem Thema Fotografie auseinanderzusetzen, wurde auch Felix’ Welt bildlastiger. Geblieben ist allerdings stets eine Grenze: auch wenn Felix’ Welt ein persönliches Blog ist, gibt es Dinge, die hier niemals stattfinden werden. Auch hüte ich mich davor, hier Dinge auszubreiten, die die Privatsphäre anderer Menschen tangieren.

Gedankt: Die erste E-Mail kam wohl sechs oder sieben Monate, nachdem Felix’ Welt online gegangen war. Sie habe einfach einmal danke sagen wollen, schrieb die Autorin damals. Sie kenne mich nicht, aber sie würde sich immer freuen, wenn sie einen neuen Post entdecken würde. Ich war baff. Bis dato war ich davon ausgegangen, dass sich meine Leserschaft eigentlich nur aus zwei Gruppen Menschen zusammensetzen würde: 1. Freunde, Bekannte und Familie und 2. Menschen, die “Sex im Flugzeug” googelten. Dass jemand meinen Blog liest, einfach weil er oder sie mag, was ich schreibe, war neu. Kommt aber offenbar vor. Selten, aber immer mal wieder, bekomme ich Mails von Leutem, die sich zu einem bestimmten Post äußern oder mir einfach nur so mitteilen, dass sie gerne lesen, was ich schreibe.

Geoutet: Ich gehe nicht damit hausieren, dass ich blogge. Andererseits schreibe ich unter meinem vollen Namen. Ich sollte also damit rechnen, dass man mich auf Felix’ Welt anspricht. Trotzdem hat es mich irritiert, als der Chefredakteur der Zeitung, bei der ich damals volontierte, einmal in den Newsroom rief: “Wusstet Ihr eigentlich, dass der Herr Neubüser Hotelzimmer mag? Hat er gestern in seinem Blog geschrieben, solltet ihr mal nachlesen”. Irritiert hat mich auch, als sich die Angestellte meines Fitnessstudios bei mir erkundigte, ob die Duschenrenovierung denn zu meiner Zufriedenheit wäre. Ich hatte mich via Blog mehrfach über die etwas seltsamen Vorgänge in diesem Zusammenhang mit den Duschen ausgelassen – Stichwort: “nackt duschen“. Das war dann doch etwas peinlich.

Genannt habe ich den Blog übrigens mehr oder weniger aus einem Impuls heraus – Felix’ Welt schien mir irgendwie passend. Ich wusste damals weder, wohin ich damit möchte noch, dass ich zehn Jahre später immer noch unter diesem Namen Beiträge veröffentlichen würde. Wenn ich ehrlich bin, würde ich mich wohl heute für einen anderen Namen entscheiden. Irgendetwas mit mehr Pfiff, wozu ich an dieser Stelle vielleicht sogar eine tolle Geschichte erzählen könnte. Tja, Chance verpasst.

Geklaut ist übrigens die Formulierung, mit der ich seit zehn Jahren jeden Post beende – “in diesem Sinne”. Mein Vater benutzt diese Worte gerne. Ich fand sie passend. In diesem Sinne – das war G. Nummer 10.

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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