Ein kleines Mädchen läuft durch den Regen. Völlig durchnässt wird es anschließend von seiner Mutter abgetrocknet. “Kennen Sie noch das Gefühl, als Sie sich um nichts Sorgen machen mussten?”, fragt die Stimme aus dem Off, “als Sie vor nichts Angst hatten und sie die Bedeutung des Wortes ‘Risiko’ noch nicht kannten …”
So beginnt der Werbespot einer großen, deutschen Versicherung. Es geht um Altersvorsorge, gespielt wird aber mit einem anderen Motiv: dass jemand anders die Verantwortung für einen übernimmt.
Wenn man ein Kind ist, entscheiden die Eltern, wann man ins Bett zu gehen hat, dass man zur Schule oder zum Klavierunterricht gehen muss, und wie lange man abends draußen spielen darf. Als Kind findet man das gemein. Man möchte selber entscheiden. Als Erwachsener sehnt man sich vielleicht hin und wieder nach dieser Zeit zurück.
Natürlich möchte man sich heute nicht mehr ins Bett schicken lassen, dennoch kann es rückblickend ganz reizvoll erscheinen, wenn man die Verantwortung für das eigene Handlung bei jemand anderem weiß. Jede Freiheit, die man sich im Laufe des Erwachsen-Werdens erkämpft, inkludiert schließlich auch die Bürde, mit dieser Freiheit umgehen zu müssen.
Unter Umständen kann das ganz schön anstrengend sein, weswegen es viele Menschen zumindest hin und wieder als angenehm empfinden, sich diese Verantwortung wieder aus der Hand nehmen zu lassen. Sei es beim organisierten Cluburlaub, wo einem sogar das Spaß haben vorgekaut wird, oder wenn man sich hin und wieder die Freiheit nimmt und einfach nur sagt: ist mir egal. Ich will mich da nicht mal ausschließen.
Erinnere ich mich zum Beispiel an die Zeit bei der Bundeswehr stelle ich rückblickend fest, dass ich damals erstaunlich gut geschlafen habe. An den 200x80cm-Betten mit Metallgitter statt Lattenrost kann es nicht gelegen haben, ich tippe eher auf den einigermaßen geregelten Tagesablauf.
Zwar habe Artikel geschrieben, geistig also schon irgendwie anspruchsvoll und keiner dieser Jobs, wo man den ganzen Tag angeschrien wird und auf Kommando durch den Dreck robbt. Trotzdem hatten die Tage in der Kaserne in Köln einen ziemlichen gleichförmigen Rhythmus (zumindest wenn man nicht auf Reportagetour war): Arbeiten von 6:30 Uhr bis gegen 17 Uhr, Abendessen und Simpsons gucken, anschließend ein bis zwei Stunden Sport.
Vor allem aber war die Struktur, in die man eingegliedert war, recht eindeutig und eine Wahl in dem Sinne hatte man ohnehin nicht.
Aber möchte man das auf Dauer?
Meist genieße ich es, die Verantwortung für mich und mein Handeln übernehmen zu dürfen. Die Freiheit, die ich mir mit den Jahren erkämpft habe und jeden Tag neu verteidige, mag unbequemer sein, aber darauf verzichten will ich nicht.
Besagte Versicherung verspricht, einem das ursprüngliche, oben beschriebene Gefühl zurück zu holen. Zum Glück ist das nur ein leeres Versprechen.
In diesem Sinne, viel Spaß beim frei-Sein
Oh man Felix, jetzt musste ich aber ganz schön viel nach lesen. Habe doch so lange nicht mehr rein geschaut! Macht aber Spaß! Schreib weiter so ;-)
PS: I clicked for you! (Du verstehst?-money money money…)
Hi Felix,
Ja, ich weiß, was Du meinst. Ich ertappe mich manchmal dabei, dass ich kleine Kinder im Park neidisch anstarre, weil die sorglos spielen dürfen, von Mama die Kekse gereicht kriegen und keine Ahnung haben, was noch alles auf sie zukommt. Manchmal würde ich einfach auch gern ahnunglos Kekse verputzen.
Lieber Gruß von der Coog
Hi Felix!
Ich finde diese Vorstellung eher erschreckend und einengend. Bin froh, dass ich groß bin…
auch von mir liebe Grüße
steffi