Menschen – auch ganz große – passen ganz wunderbar in Schubladen. Das gilt zumindest, wenn man den oder die Betreffende noch nicht so gut kennt. Kompliziert wird es erst, wenn man sich besser kennenlernt. Dann ist es nämlich plötzlich vorbei mit der Schublade. Und was am Anfang so praktisch schwarz-weiß erschien, bekommt auf einmal seltsame graue Zwischentöne.
An sich ist das auch gar nicht so schlecht. Wer wollte schon nur mit langweilig-eindimensionalen Menschen zu tun haben. Trotzdem scheinen wir am Anfang immer wieder genau das zu unterstellen: dass unser Gegenüber (im Gegensatz zu uns selbst) nur in schwarz-weiß existiert.
Normalerweise merken wir irgendwann, dass dieses Raster nicht passt. Bis es so weit ist, bleiben wir allerdings bei der Schublade. Fast wie ein Kind, dass krampfhaft versucht, den viereckigen Bauklotz durch die dreieckige Öffnung zu quetschen – nur dass das Kind irgendwann klüger wird. Wir nicht. Wir fallen immer wieder auf den selben Baukastentrick rein.
Als ich vor einiger Zeit eine Frau kennenlernte, war eigentlich alles klar. Sie gefiel mir, und es war offensichtlich, dass sie das gemerkt hatte. Auch ich schien ihr nicht unsympathisch, so jedenfalls mein Eindruck nach unserer ersten Verabredung. Kurz: Ich begann ernsthaft, mir Hoffnungen zu machen, dass aus uns mehr werden könnte. Zumindest so lange, bis sie auf einmal gar nichts mehr von sich hören ließ.
Rückblickend bin ich immer noch beeindruckt, welch kuriose Verrenkungen mein Kopf damals angestellt hat, um mir eine plausible Lösung für ihr plötzliches Untertauchen zu präsentieren. Alle krankten jedoch an einer kleinen, aber entscheidenden Schwäche: Sie waren in Schwarzweiß! Rein logisch gesehen passten sie zwar alle perfekt auf die Situation, wie ich sie sah. Erst viel später habe ich erfahren, dass sie trotzdem alle Quatsch waren.
Nicht diese oder jene Äußerung von mir beim ersten Date war schuld gewesen, auch kein defektes Mobiltelefon und kein fehlgeleiteter Polizeieinsatz. Es war viel komplizierter – und doch so banal.
Bei einer Party einen Tag vor unserem Date hatte sie einen Schwarm aus Schulzeiten wieder getroffen und sich erneut in ihn verliebt, gestand sie mir Jahre später. Sie mochte mich, konnte sich vielleicht sogar eine Beziehung mit mir vorstellen, nur ging ihr gleichzeitig dieser neue-alte Typ nicht aus dem Kopf.
Denke ich heute über unser erstes Treffen nach, macht das alles Sinn. Dass sie einerseits durchaus an mir interessiert schien, andererseits aber immer wieder abblockte, wenn ich mich ihr näherte. Sie wusste einfach selbst nicht, in welcher Schublade sie sitzen wollte. Ich dagegen sah sie mal in der einen, mal in der anderen – und konnte mir schlicht nicht vorstellen, dass sie vielleicht einfach in beiden ein bisschen saß.
In diesem Sinne, Gruß an den Schrank!
Welcome to the friend zone! Dauerticket gefällig?
Kein Grund zu verzweifeln. Es gibt tausende Single-Tanten da draußen – nur sind die wahrscheinlich nicht gerade darauf aus, in diesem Blog als Laiendarsteller aufzutauchen. Nur so ein Tipp.