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Mücken im Paradies: Mit Wohnmobil und Kleinkind in den Everglades übernachten

Plötzlich waren sie überall. Die ganze Wohnmobil-Decke war voll mit ihnen. Kleine, schwarze Viecher mit Flügeln. Mein erster Gedanke: spätestens morgen früh bist Du ein einziger, großer Mückenstich!

Wie waren sie reingekommen? Wir hatten peinlich genau darauf geachtet, Türen und Fenster geschlossen zu halten. Denn obwohl keine Mücken-Hauptsaison gewesen war, hatten wir es natürlich gemerkt. Mit Einbruch der Dunkelheit war die Luft rund um das Wohnmobil und auf dem gesamten Campingplatz voll von ihnen gewesen. Ein omnipräsentes Summen. Niemand bewegte sich seitdem mehr außerhalb der Wohnmobile und Wohnwägen – außer eben die Mücken. Und jetzt bewegten sie sich auch hier drinnen.

Ziemlich genau eine Stunde hatte die Fahrt gedauert. Vom Eingang des Nationalpark Everglades bis zum Flamingo Campground ganz im Süden, wo die Sumpflandschaft zum Meer wird. Am nächsten Tag würde unsere damals Einjährige hier ihren ersten Alligator in freier Wildbahn verjagen. Aber das wussten wir zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht. Zwei Wochen waren wir bisher unterwegs. Elternzeit mit dem Wohnmobil in Florida.

Der Campingplatz war sehr einfach gehalten. Von oben betrachtet sah er aus wie ein Ei, das von zahlreichen wabenförmig angeordneten Straßen gefüllt wird. Die äußere Linie war die Rundroute um den Platz herum, die Waben waren die Stellplätze, einfach Schotterebenen mit einigen wenigen Bäumen dazwischen. Außerdem zwei kleine Häuschen, die als Klo- und Waschhäuser dienten.

„Full Hookup“, also Strom-, Wasser- und Abwasser-Anschlüsse, wie in vielen State-Park-Campingplätzen üblich, gab es in diesem Teil des Campingplatzes nicht. Man stand autark, Strom gab es nur aus der Batterie des Wohnmobils, Wasser nur so viel, wie der Frischwassertank des mobilen Zuhauses hergab, und Abwasser durfte nur so viel produziert werden, wie in den Abwassertank passte.

Genau das liebte ich an dem Platz. Ohnehin verwandelte sich das Wohnmobil allabendlich in eine gemütliche Höhle. Die heruntergelassenen Rollos an den Fenstern und der Verdunkelungsvorhang zur Fahrerkabine sperrte die Welt auf eine angenehme Weise aus. Sie war da, aber eben nur, wenn man bewusst nach ihr suchte.

Auf kleinem Raum hatten wir ansonsten alles, was wir brauchten. Im konkreten Fall war das amerikanischer Cheddar in unterschiedlichen Variationen zum Knabbern, kaltes Budweiser aus dem Kühlschrank, etwas zu Schreiben und vielleicht noch ein Handy, um die weitere Route zu planen. Es gab eine kleine Küche, eine Toilette und sogar eine Dusche und natürlich Betten, die überraschend bequem waren. Es fehlte nichts auf diesen paar Quadratmetern, die mir, nun komplett ohne Verbindung zur Versorgung von außen, noch gemütlicher vorkam.

Wären da nicht die Mücken. In einem verzweifelten Moment versuchten wir, so viele wie möglich von ihnen mit zu Fliegenklatschen umfunktionierten Zeitschriften zu erwischen. Doch es brachte nichts. Für fünf Minuten schienen wir sicher, dann waren sie wieder da. Als gäbe es da irgendwo ein geheimes Reservoire, das eine fixe Zahl Mücken für jedes Wohnmobil bereithält und sich automatisch neu füllt, sobald man auch nur eine von ihnen totschlägt.

Wie sie ins Wohnmobil gelangten, blieb ein Rätsel. Irgendwann gaben wir auf. Allerdings hätten wir uns den ganzen Zirkus vermutlich auch sparen können. Denn am nächsten Morgen waren die Mücken – waren es überhaupt welche gewesen? – wie von zauberhand verschwunden. Und gestochen hatten sie uns auch nicht. Das erledigten die Mücken draußen am nächsten Tag.

In diesem Sinne, auf richtig gute Reisen!

 

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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