6 Uhr ist die Grenze. Alles davor ist früh. Alles danach Luxus. Ich besitze zwar noch einen Wecker – richtig klassisch, mit roten Leuchtziffern, Radiofunktion und so – ich kann mich aber nicht daran erinnern, wann ich ihn zuletzt gestellt habe. Wozu auch. Ich habe zwei Kinder.
Wecken tut mich derzeit vor allem die Ältere. Wobei ich an den meisten Tagen ohnehin schon wach bin, wenn die Tür aufschwingt und kleine Füßchen über den Boden tapsen, bis sie bei meinem Bett angekommen sind. Mein Körper scheint stets im Voraus zu spüren, dass es bald soweit ist, und wacht oft schon ein paar Minuten vorher auf. So kann ich direkt reagieren, wenn die Dreieinhalbjährige sich in mein Kissen kuschelt, meist so, dass für mich kein Platz mehr darauf ist, und fordert: “Geschichte!”.
Kinder sorgen für Schlafmangel. Das ist nichts Neues. Tatsächlich frustrierend ist manchmal allerdings, die Unberechenbarkeit des Schlafmangels. Es kommt vor, dass meine ältere Tochter bis 7 oder sogar 7:30 Uhr schläft. Selten, aber nicht ganz ausgeschlossen. Dummerweise weiß man das nie vorher. Weswegen ich trotzdem um 6 Uhr wach bin, einfach, weil ich es so gewohnt bin. Es kann aber auch sein, dass Madame schon um 5 Uhr entscheidet, die Nacht zu beenden. Das wiederum durchaus berechenbar: nämlich immer dann, wenn ich besonders spät ins Bett gekommen bin. So kommt es mir zumindest vor.
Doch auch dann genieße ich es eigentlich und trotz Kopfschmerzen. Denn einer Sache versuche ich mir immer bewusst zu sein: es ist nur eine Phase. Ehe ich mich versehe hat erst die eine, dann die andere Tochter besseres zu tun, als mit Papa im Bett zu kuscheln und zum hundertsten Mal die gleiche Geschichte erzählt zu bekommen.
Mit Kindern fährt man ein Stück weit immer auf Sicht. Gerade noch war dieses Spielzeug das wichtigste auf der Welt, jetzt liegt es in der Ecke. Gerade noch wurde kein Stück Weg ohne Roller zurückgelegt, dann will sie die paar Meter bis zum Kindergarten am liebsten mit dem Auto fahren. Es ist faszinierend, wie Kinder einerseits auf ständige Wiederholungen pochen, zum hundertsten Mal die gleiche Sache erklärt bekommen wollen, und dann von heute auf morgen wieder alles anders machen möchten.
Noch rasanter geht das gerade bei der Jüngeren von statten. Mit ihren 1 1/4 Jahren scheint sie wild entschlossen, alles in doppelter Geschwindigkeit nachmachen zu wollen, was die ältere Schwester ihr vorlebt. Windel hin oder her, sie möchte auch auf der Mini-Toilette sitzen und den imaginären Inhalt anschließend in die echte Toilette gießen.
Schnell hat sie außerdem gelernt, dass es eine Methode gibt, mit der sie mich immer kriegt: ein Buch. Zielsicher zieht sie dann ihr aktuelles Lieblingsbuch aus dem Regal und reicht es mir. “Vorlesen, Papa”, sagen ihre Augen dann. “Papaaaa!” ihr Mund. Und schon hat sie mich. Wie könnte ich einer meiner Töchter verweigern, ein Buch zu lesen oder eben vorgelesen zu bekommen. Bin ich doch selbst ein Büchermensch durch und durch.
Das Ritual, abends mit allen gemeinsam zu lesen, haben wir trotzdem noch nicht initialisiert bekommen. Wobei ich andererseits froh bin, dass inzwischen das Zähneputzen ein recht zuverlässiger Teil der Abendroutine ist.
Kinder lieben Routinen und bleiben trotzdem unberechenbar. Das ist schön und schwierig zugleich. Aber es hat ja auch niemand gesagt, dass Papasein einfach wäre. Oder dass man dann ausschlafen dürfte.
In diesem Sinne, gute Nacht auch – und hier geht es zu mehr Papa-Content.