Gedankenwelten Mitmenschen

Liebesbekenntnis

So wohnt es sich also in einem Museum. Im Minutentakt haben sich in den letzten Tagen fremde Leute die Klinke in die Hand gegeben, um einen prüfenden Blick auf mich und mein zu Hause zu werfen. Und das nicht nur im realen Leben: auch auf Felix’ Welt gehörte die Seite mit den Bildern meiner Wohnung (“In eigener Sache”) eine Woche lang zum am häufigsten aufgerufenen Teil des Blogs.

Der Unterschied zum realen Museumsbesucher war freilich, dass ich die Leute auf meinem Blog nicht sehen geschweige denn mit ihnen sprechen konnte. In vielerlei Hinsicht sicher ein Vorteil, zumindest wenn man bedenkt, welch seltsame Mails ich zum Teil auf meine Anzeige hin bekommen habe. Andererseits ist mir vielleicht aber auch etwas entgangen.

In den letzten Tagen habe ich mit so vielen fremden Menschen gesprochen wie lange nicht mehr. Das Verwirrende daran: die meisten davon waren durchaus sympathisch. Auf der Straße, in der Bahn, usw. – ich hätte sie nie angesprochen. Nachdem uns aber das Interesse an meiner Wohnung zusammen geführt hatte, war ich zumindest bei einigen davon fast traurig, nicht länger mit ihnen reden zu können.

Wieso nimmt man diese Menschen sonst nicht wahr?
Wieso bedarf es immer irgend eines verbindenden Elements (eine verspätete Bahn, ein Sieg der deutschen Nationalmannschaft, ein Umzug usw.), um mit ihnen ins Gespräch zu kommen?

Zugegeben, gerade wenn ich genervt oder in Eile bin, laufe ich gerne mit einer gewissen Grundmisanthropie durchs Leben. Andere oder zumindest fremde Menschen sind dann Hindernisse, die mir den direkten Weg zur fast verpassten U-Bahn versperren, oder bösartige Diebe, die den letzten Malbec im Kaisers wegschnappen, kurz bevor ich danach greifen kann. Sie sind alles mögliche, aber sicher keine liebenswerten Wesen.

Oder doch?
Meine Museumserfahrung jedenfalls, scheint ja genau das Gegenteil zu beweisen!

Ein kluger Mensch, heißt es, ist gerne bereit, einen Fehler zuzugeben und sein Verhalten zu ändern. Das klingt vernünftig. Ich hoffe nur, meine Mitmenschen sind nicht all zu überrascht, wenn ich demnächst die U-Bahn verpasse, anstatt sie über den Haufen zu rennen.

In diesem Sinne, das zur Seite springen in Zukunft einfach lassen!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert