Manchmal gehen wir „komische Leute gucken“. Übersetzt heißt das so viel wie: Wir setzen uns in eines der In-Cafés oder eine der In-Kneipen in der westlichen Innenstadt und lästern über die selbsternannte High-Society, die hier ihren Aperol-Spritz schlürft.
Wir sind nicht die Einzigen, die das hin und wieder tun. An manchen Tagen habe ich sogar das Gefühl, beide Besuchergruppen halten sich in etwa die Waage. Kein Wunder, denn der Unterhaltungsfaktor ist hoch. Manchmal wundere ich mich, dass es keinen Aufschlag für Logenplätze gibt. Was man hier live und in Farbe beobachten kann, gibt es sonst nur bei RTL2: solarium-gebräunte Skihäschen auf der Suche nach einem (reichen) Mann, 16-jährige Mini-Machos, die verzweifelt versuchen, ihre Begleiterinnen von ihrem Gangsta-Image zu überzeugen, blondierte Schönlinge männlichen wie weiblichen Geschlechts. Kurz: Lauter komische Menschen – so zumindest sehe ich es.
Die wiederum sehen es vielleicht ganz anders. „Lass und heute mal komische Menschen gucken gehen“, sagen sie – und meinen mich und meine Begleitung. „Vielleicht ist da wieder so ein Hinterwäldler, der es nicht auf die Reihe kriegt, den Kragen seines Polohemdes hochzuklappen.“ – „Ja, genau, und vermutlich trinkt er ein Bier. So uncool! Von Aperol-Spritz hat der bestimmt noch nie gehört!“ – „Haha, und dazu trägt er Schuhe aus der vorletzten Saison.“
Ich gebe zu: der Gedanke kam mir heute zum ersten Mal. Allerdings scheint er mir sehr plausibel. Zwei Gruppen Menschen, die beide sicher sind: komisch, das sind die Anderen! Oder wie sagte schon Herr Lehmann aus Sven Regeners gleichnamigen Roman: “Natürlich ist der komisch. Die Welt ist voll von komischen Leuten!”
In diesem Sinne, Gruß an Karl!