Gedankenwelten Mitmenschen

Geteilte Menschheit

2016-04-28-Geld-sortiert

Sortiert Ihr eigentlich? Geld, meine ich, im Portemonnaie. Wenn Ihr mich fragt, lässt sich die Menschheit in Europa in zwei Gruppen einteilen: diejenigen, bei denen Fünfer, Zehner, Zwanziger und so weiter fein säuberlich der Reihe nach in der Geldbörse stecken – und diejenigen, bei denen die Scheine so abgelegt werden, wie sie gerade kommen.

Dass dem so sein muss, ist mir schon als Kind klar geworden. Meine Mutter hatte sich das Portemonnaie meines Vaters geliehen, um damit irgendetwas zu bezahlen. Das papierene Wechselgeld, damals noch in DM, landete einfach irgendwie im Scheinfach seiner Börse. Wieso man sich denn die Mühe machen sollte, das Geld vorher zu sortieren, fragte sich meine Mutter; wie jemand das Geld vorher nicht sortieren könne, überlegte dagegen mein Vater.

Ein weiteres Thema, bei dem ein tiefer Riss zumindest durch die westlich Zivilisation läuft, sind Betten. Machen – oder nicht machen? Britische Forscher haben schon vor über zehn Jahren herausgefunden, dass ein gemachtes Bett, im Idealfall noch mit einer Tagesdecke hübsch drapiert, ein Paradies für Milben ist. Dennoch ist das tägliche Zurechtlegen von Kissen und Decke für viele Menschen ein tägliches Ritual. Weil es schöner aussieht. Oder weil es sich eben so gehört.

Für andere wiederum ist es dagegen reine Zeitverschwendung. Warum etwas zurechtzupfen, was am Abend ohnehin wieder durcheinander gebracht wird? Und noch dazu in einem Zimmer, das etwaig anstehender Besuch ohnehin nicht betreten wird.

Noch ein Beispiel: Packt Ihr im Hotel Eure Koffer aus? Ich tue dies höchst ungern. Ich mag Hotelzimmer. Allerdings vor allem deswegen, weil ich mich in ihnen nicht heimisch fühlen brauche. Hotelzimmer sind Wohnorte auf Zeit, meist nur für eine oder wenig mehr Nächte. Nach dem Ankommen landet mein Kulturbeutel im Bad und mein Handy-Ladegerät auf dem Nachttisch (oder wo sonst sich die Steckdose befindet). Das Gros meiner Klamotten dagegen bleibt im Koffer, und das bleibt in der Regel bis zur Abreise oder wenigstens bis zur ersten Benutzung dort.

Das heißt nicht, dass ich alle meine Habseligkeiten immer sofort wieder im Koffer verstaue, sobald ich sie nicht mehr am Leib trage oder sonstwie gebrauche. Spätestens nach einem Tag hängt über dem Stuhl im Zimmer ein Hemd, liegt irgendwo im Bett mein Schlaf-T-Shirt. Habe ich einen Anzug dabei, kommt der in der Regel ebenfalls auf einen Bügel.

Ich fange allerdings nie an, systematisch meinen Koffer aus- und den Schrank im Zimmer einzuräumen. Andere Menschen tun das. Für sie gehört das einfach dazu, um anzukommen.  Oder weil sie vermeiden wollen, dass die Sachen im Koffer Falten bekommen. Oder sie tun es, weil „man“ das eben tut.

Übrigens: beim Thema Geld komme ich nach meinem Vater. Beim Bettenmachen bin ich dagegen ein Misch-Mensch. Ja, es ist unpraktisch, aber manchmal hilft mir äußere Ordnung um mich auch innerlich besser zu sortieren. Dazu gehört dann auch ein gemachtes Bett – keine Tagesdecke! Manchmal, wie gesagt.

In diesem Sinne, auf die kleinen Unterschiede!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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