Weißt Du noch, früher? Früher war alles besser. Früher sind wir ständig unterwegs gewesen. In manchen Monaten waren wir kaum ein Wochenende zuhause. Es war ja auch einfach: schnell ein paar Sachen ins Auto gepackt und los ging es. Den Spätsommer haben wir für weitere Reisen genutzt. Schon die Vorfreude auf diese Reisen war immer toll. Tage konnte ich damit verbringen, mich durch Reiseführer und Webseiten zu wühlen, zu planen und am Ende doch wieder alles umzuwerfen.
Ach früher, da war es schön. Wir hatten eine schöne Wohnung mit einem tollen Balkon. Wie gerne bin ich mit Dir Sonntags noch eine Runde durch unser Viertel gegangen. Oder wir waren schwimmen, abends, nach der Arbeit. Und danach ging es in eines der Lokale in der Nähe, gemütlich noch eine Kleinigkeit essen und ein leckeres Feierabendbier genießen.
Früher, ach früher. Im Gegensatz zum grauen Hier und Jetzt ist das Früher immer besser. Schon weil Erinnerungen nie allumfassend, sondern immer selektiv sind. Gerne erinnern wir uns an die Achterbahnfahrt, nicht aber an die zwei Stunden, die wir vorher dafür anstehen mussten. Das ist das Tückische an Früher. Es zeigt uns nur eine Seite der Medaille.
Hinzu kommt, dass Erinnerungen singulär sind. Sie stehen für sich. Sie sind nicht mehr Teil eines Zeitstrahls, der sich unablässig nach vorne bewegt, sondern hängen als Momentaufnahmen in einem festen Rahmen an der Wand. Das Gestern, an das ich mich heute erinnere, hat kein Morgen, über das ich mir in meiner Erinnerung Gedanken machen könnte. Daher ist es meist leichter, eine Erinnerung zu genießen, als das Hier und Jetzt.
Ist man sich dessen bewusst, macht es das Früher nicht schlechter. Aber es macht das Heute besser. Denn früher, ach früher – wann war das noch mal, als es uns so gut ging? Irgendwann Anfang 2018 muss das gewesen sein. Februar, glaube ich. Haben wir das damals eigentlich richtig genossen? In diesem Sinne …