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Zahnbürstenfrage

2014-08-08-packen

Die Antwort ist einfach. Sie laute fast immer “nein”. Komplizierter ist die Frage. “Brauche ich das womöglich unterwegs?” Zehn Kilogramm Handgepäck gestattet Ryanair seinen Fluggästen. Wer mehr mitnehmen möchte, muss zahlen – und schleppen.

Ich hasse schweres Gepäck. Ich empfinde es als Belastung. Nicht nur körperlich, sondern vor allem im Kopf. Wann immer möglich beschränke ich mich daher beim Fliegen auf Handgepäck. “Hast Du Deine Zahnbürste dabei?”, pflegte meine Mutter mich zu fragen, wenn ich mich beim Packen für Klassenfahrten oder Vereinstouren absichern wollte, ob ich auch alles dabei hatte. “Dann ist ja gut. Alles andere kannst Du auch vor Ort kaufen.”

Streng genommen, kann man an den meisten Orten, an denen man alles andere kaufen kann, auch Zahnbürsten kaufen. Aber darum geht es gar nicht. Wichtig ist vielmehr die Erkenntnis, dass es eigentlich (fast) nichts gibt, das man nicht unterwegs noch nachkaufen kann. Notfalls sogar Zahnbürsten. Alles was man wirklich braucht, sind eine Kreditkarte und den Reisepass.

Reisen bedeutet für mich immer auch Vereinfachung, Reduktion auf das Wesentliche. Darum empfinde ich das unterwegs zu sein als so entspannend. Ich muss mich nicht mit strategischen Fragen beschäftigen. Das Planen beschränkt sich darauf, zu überlegen, wo es am nächsten Tag hingehen soll – und wie man am besten dort hin kommt. Je weniger man dabei mit sich rumtragen muss, desto besser.

Im Grunde genommen sind Reisende wie Kinder. Sie denken nicht weiter als bis zum nächsten Spiel und manchmal nicht mal so weit. Das mag naiv sein, manchmal frage ich mich allerdings, ob wir uns davon nicht hin und wieder auch außerhalb der Reise eine Scheibe abschneiden sollten. Wie oft erwische ich mich im normalen (nicht reisendem) Leben selbst dabei, dass ich gedanklich schon wieder drei Schritte weiter bin und mich mit etlichen “was tue ich wenn” beschäftige, von denen oft nicht mal eines eintritt? Vielleicht sollte ich mehr Reisen. Gerade dann, wenn ich gerade nicht unterwegs bin.

In diesem Sinne, die Zahnbürste nicht vergessen!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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