Der Durchschnittsberliner zieht einmal im Jahr um. Das sagt die Statistik. Zudem lässt sich die Wanderlust der Berliner leicht an den Klingelschildern nachvollziehen: dutzendfach überklebt lässt sich an der Dicke der Aufkleberschicht erahnen, wie viele Bewohner die dazugehörige Wohnung in den letzten Jahren ihr eigen genannt haben.
Vermutlich könnte man durch geschicktes Abkratzen einiges über die Geschichte eines Hauses erfahren, doch der will das schon. Der Berliner guckt schließlich nach vorne. Umziehen vielleicht nicht als Hobby, aber eben doch als die stete Suche, ob es irgendwo anders nicht etwas besseres gibt: heller, zentraler, hipper.
Ich habe das Gefühl, bei Beziehungen läuft das manchmal ganz ähnlich.
Es mag eine Krankheit der heutigen Zeit sein, vielleicht liegt es auch an meiner selektiven Wahrnehmung, aber es kommt mir so vor, als würde dem Durchschnittsberliner nicht nur die Seßhaftigkeit in Bezug auf sein Habitat schwerfallen, bei der Partnerwahl scheint das ganz ähnlich zu sein.
Zwar ist die jeweils aktuelle Beziehung, sofern sie denn überhaupt als solche definiert wird, nicht schlecht, aber bevor man dann alle Kisten auspackt, Bilder aufhängt und sich häuslich einrichtet guckt man sich eben doch noch einmal um, ob es nicht ein paar Straßen weiter vielleicht noch etwas gibt, das doch noch einen Tick besser (hübscher, cooler, passender) ist. Dass diese ständige Suche ein Einleben schwer, wenn nicht unmöglich macht, scheint dabei weitestgehend akzeptiert zu sein.
Eigentlich ist es traurig: Die Unendlichkeit der Möglichkeiten, nicht bei der Wohnungs- und Partnerwahl, sondern insgesamt, lässt uns im halb-und-halb verharren; wir wollen uns weder für das Eine noch gegen das Andere entscheiden und kriegen so letztlich keins von Beiden. Ob manchmal weniger Möglichkeiten angenehmer wären?
In diesem Sinne, frohes Entscheiden!
Oh, darüber denke ich auch oft nach. mein Lieblingsbeispiel: In den 50er Jahren hatte eine rau im Kleiderschrank 3 Kleider, 2 für Werktags, eins für Sonn- und Feiertags. Sie wusste immer was sie anziehen sollte. Und heute? Wir stehen vor einem überquellenden Kleiderschrank und kommen zu dem Schluss, wir haben nichts anzuziehen.
Manchmal wünsche ich mir weniger Entscheidungsmöglichkeiten. Aber ich glaube, dann würden wir wieder über mangelnde Entfaltungsmöglichkeiten meckern.
Trotzdem tut es seltsamerweise gut, sich langfristig für etwas oder jemanden zu entscheiden. Wo es kein Zurück gibt. So wie meine Tiere zum Beispiel. Etwas Konstanz im manchmal viel zu verwirrenden Leben.
Lieben Gruß vom „bad girl“ julchen
Ich denke auch, dass man es einfach mal EINMAL gemacht haben muss, dass man sich einmal so richtig entschieden haben muss, um zu begreifen, was das eigentlich bedeutet und mit sich bringt. Und dass es vielleicht auch ganz gut tut. Und irgendwann hat man ja hoffentlich auch gelernt, dass alle Menschen und Wohnungen ihre Macken haben und man sich eben hübsch einrichten muss, um sich Zuhause zu fühlen.
Lieben Gruß vom Coog (Entscheidungsmeister!)
Ich habe da eher das Gegenteil als „Problem“. Ich entscheide mich für etwas und halte dann daran fest. Wahrscheinlich zulange.
Ich habe mich langfristig entschieden für einen Mann, ein Haus und für einen bestimmten Job. Das wird dann durchgezogen und nicht wieder überdacht.
Aber ich denke mir dann, dass es Probleme auch mit einem anderen Mann, einem anderen Haus und mit einem anderen Job auch gegeben hätte. Und das liegt nicht am Objekt, sondern am Subjekt. Also an mir.
Ich bleibe also bei meiner Entscheidung und ändere nur mich, bzw. meine Einstellung, wenn etwas nicht mehr passt.
Okay, den Job habe ich jetzt geschmissen und das Haus ist bald vermietet, der Mann bleibt – aber das ist eine andere Geschichte ;)
entschiedeneGrüße
eureSteffi
„the grass is always greener on the other side“.