Gedankenwelten

Unendliche Dummheit

Es wäre wohl etwas banal, diesen Eintrag mit dem bekannten Einstein-Zitat zu beginnen, in dem der Physiker zwei Dinge nennt, die er für unendlich hält: das Universum und die menschliche Dummheit. Nichts desto trotz muss ich ihm bezüglich der menschlichen Dummheit leider recht geben: die scheint wirklich nicht begrenzt. Dabei ist es wahrscheinlich oft nicht mal wirklich die Beschränktheit des Geistes an sich, die mich nervt. Vielmehr ist es die Faulheit, sich zumindest hin und wieder des eigenen Denkapparates zu bedienen.

Ich war vorhin einkaufen. Viel brauchte ich nicht und wollte daher nur schnell in den Plus im Erdgeschoss der Schönhauser Allee Arcaden rein springen. Wie üblich staute es sich auf der Rolltreppe nach unten, was nicht weiter schlimm ist, da die sich ja ihrer Natur gemäß automatisch bewegt und man so oder so irgendwann unten ankommt. Der offensichtliche Knackpunkt: am Ende der Treppe muss man wieder mit eigenständigen Gehbewegungen beginnen.

Die meisten Menschen kennen Rolltreppen und schaffen das ganz gut. Leider nicht alle. Die kleine Gruppe vor mir, vier oder fünf Leute, alle Anfang 20, blieb nämlich erstmal stehen. Keine böse Absicht, sicher nicht. Zudem hab es einen Grund für den plötzlichen Stopp, nämlich die äußerst wichtige und unaufschiebbare Diskussion, was man heute kochen würde, und welche Zutaten dafür noch einzukaufen seien.

Wie die vier oder fünf da so standen und debattierten beförderte die Rolltreppe jedenfalls unnachgiebig weitere Leute nach unten, inklusive mir. Da besagtes Grüppchen offensichtlich keine Zeit hatte, über die Tücken dieser modernen Technik nachzudenken und entsprechend auch keinen Handlungsbedarf respektive Notwendigkeit sah, zur Seite zu gehen, entstand nach und nach ein Knubbel aus Menschen. Dieser gewann schnell an Größe und vermochte sich erst wieder aufzulösen, als jemand die Gruppe auf breitem Berlinerisch freundlich anfauchte: “Was’n dette?” und dann unsanft zur Seite stieß.

Manch einer mag sich nun fragen, wieso ich solch einer Alltäglichkeit inklusive gleich drei Absätze widme. Der Punkt ist aber, dass es nicht nur eine Situation wie diese gibt, sondern tagtäglich unendlich viele. Und in der Masse nerven sie! Gar nicht unbedingt, weil ich so statt einer Viertelstunde geschlagene 16 Minuten für meinen Einkauf gebraucht habe, damit kann ich leben. Ich kann nur nicht nachvollziehen, wie denkfaul viele Menschen durch die Welt spazieren.
Leute, die aus der Bahn steigen und erstmal stehen bleiben, um sich umzugucken, anstatt zumindest zunächst einen halben Schritt zur Seite zur machen, damit noch mehr Leute den Zug verlassen können. Müttergruppen, die ihre Kinderwägen in lang gestreckten Dreierformationen vor sich her schieben, nicht weil sie den kompletten Bürgersteig blockieren wollen, sondern schlicht weil sie nicht auf die Idee kommen, dass sie eben das damit tun. Touristen, die für 9 Euro ein “mixed dorm” buchen und dann schockiert sind, dass in dem Zimmer noch andere Leute schlafen. Menschen, die lieber fünf Minuten an einer Tür rütteln, bevor sie das Schild lesen, dass “heute geschlossen” ist. Unendliche Dummheit oder bloß menschliche Bequemlichkeit?

Es ist übrigens nicht mal sicher, ob Einstein seinen berühmten Satz wirklich gesagt hat, ganz falsch ist der gern zitierte Ausspruch aber sicher nicht: “Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.”

In diesem Sinne, frohes Denken!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

1 Kommentar Neues Kommentar hinzufügen

  1. Aber das ist doch nicht zum Aufregen. Das ist lustig!! Leute, die vor einem laufen, plötzlich stehenbleiben und in die Luft gucken – sowas fand ich früeher immer nervig, heutzutage muss ich da kichern.
    Kommt vielleicht mit der Entspannung des Alters – haha! Auch ne schöne Sache übrigens, das Älterwerden.
    Alles Gute zum Geburtstag!!

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