Papawelten

Sechs Monate Papa oder: Papa, krieg ich mal den Autoschlüssel?

Jetzt kann es eigentlich nicht mehr lange dauern, dann fragt sie mich nach dem Autoschlüssel. Sie wird es charmant tun, so viel ist sicher, aber energisch. Vielleicht schlägt sie mir sogar ein Geschäft vor. So wie kürzlich, als sie mir großzügig ihren Schnuller im Tausch für mein Fitnessarmband angeboten hat. Das Armband findet sie schon seit geraumer Zeit höchst interessant. Wenn man mit den Fingerchen drauf drückt, dann leuchtet es. Das ist toll. Gar nicht toll ist, wenn Papa das Armband wieder wegnimmt. Da kann man schon mal wütend werden und vielleicht sogar ein Tränchen vergießen. Und wenn alles nichts hilft, dann bietet man eben großzügig den Schnuller an. Soll Papa doch damit spielen, ich spiele dafür mit dem Armband.

Sechs Monate, ein halbes Jahr, sind wir nun schon zu dritt. Noch immer bin ich jeden Tag aufs Neue fasziniert. Einerseits, wie rasend schnell dieser kleine Mensch wächst und sich entwickelt. Andererseits darüber, wie auch die Miniaturausgabe von Armen, Beinen, Nase, Mund, Augen uns so weiter schon jetzt funktionieren. Für mich bleibt es ein Wunder, wenn ich sehe, wie die kleinen Fingerchen greifen können, wie sich der kleine Kopf in meine Richtung dreht, wenn ich das Zimmer betrete oder natürlich dieser Blick, wenn sie etwas unbedingt möchte. Alles, was einen erwachsenen Körper ausmacht, ist im Miniaturformat schon angelegt. Die Natur ist unglaublich.

Vorbei ist jedenfalls die Zeit, in der wir sie einfach irgendwo hinlegen konnten. Schon seit einigen Wochen dreht sie sich in zwei von drei Fällen sofort auf den Bauch und beginnt dann, sich mit den kleinen Ärmchen nach oben zu stemmen. Besonders beim Wickeln ist das toll. Neu ist, dass nun der Po kräftig mitarbeitet. Sobald sie auf dem Bauch liegt, winkelt sie die Beine unter dem Körper an und wackelt dann schwungvoll vor und zurück. Vorwärts kommt sie so zwar noch nicht, rückwärts geht es aber dafür um so schneller. Und wenn das nichts hilft, dann kann man sich ja immer noch auf der Stelle im Kreis drehen oder durch geschicktes Hin- und Herwechseln zwischen Bauch- und Rückenlage von A nach B kommen.

Nicht nur körperlich geht es gerade rund. Unsere Kleine entwickelt auch immer mehr klare Vorlieben, die sie dann energisch einfordert. Neben dem besagten Fitnessarmband mag sie Hemdkragen. Auch Markenembleme auf Poloshirts gefallen ihr. Und bei einigen ihrer Stofftiere sind die Waschanleitungen inzwischen interessanter als die Tiere selbst.

Große Freude hat sie außerdem an lauten Tönen, zumindest, wenn sie diese selbst erzeugt. Die Bandbreite reicht dabei von einem hohen Fiepen über „Ah“-Rufe bis zu einfachem Schreien. Das klingt dann, als würde ihr gerade sonstwas angetan. Sie aber lächelt währenddessen selig über das, was ihre Stimme offensichtlich schon kann.

Es gibt Tage, da kann ich mich an meiner Tochter gar nicht satt sehen. Und doch ist es immer noch unheimlich. Weil ich mich noch immer schwer damit tue, die Dimension des Ganzen zu begreifen. Natürlich wird die Kleine nicht immer so klein und betreuungsintensiv bleiben – hier kann ich gar nicht oft genug betonen, wie ich meine Frau bewundere, die derzeit ja praktisch 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche mit ihr verbringt. Trotzdem wird meine Tochter nicht aufhören, unser Leben mit jedem Entwicklungsschritt und mit jedem Lebensjahr neu auf den Kopf zu stellen.

Ich habe früher immer gesagt: ein Kind zu haben bedeutet, dass da jemand ist, der wichtiger ist als man selbst. Das unterschreibe ich weiterhin. Aber gewöhnen muss ich mich trotzdem immer noch daran. An manchen Tagen fällt mir das leichter, an anderen schwerer. Alles andere wäre gelogen. Denn ein Kind, zumindest in diesem Alter, interessiert nicht, ob der Tag anstrengend war oder nicht, ob man jetzt lieber seine Ruhe hätte oder gerade jetzt keine Lust hat, nach dem richtigen Unterhaltungsspielzeug zu suchen. Ein Kind erwartet, dass man seiner Rolle als Eltern gerecht wird. Mit Recht! Es wurde schließlich nicht gefragt, ob es auf die Welt kommen möchte. Aber das gilt ja nicht nur für mein Kind. Auch ich war mal Kind und ich denke gerne an meine Kindheit zurück. Meine Eltern waren großartige Eltern. Das soll meine Kleine von uns auch irgendwann sagen.

In diesem Sinne, mehr Baby gefällig? Hier entlang!

 

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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