Eigentlich mag ich den Herbst. Wenn es abends zwar schon merklich früher dunkel wird aber eben nicht so früh, dass man sich fragt, ob es überhaupt zwischendurch hell gewesen ist. Wenn man kein schlechtes Gewissen mehr haben muss, zu Hause rum zu gammeln, weil es draußen ohnehin regnet und stürmt. Ärgerlich ist das natürlich, wenn man bei so einem Wetter dann doch draußen ist.
Noch ist zwar offiziell Sommer, aber eben so ein Wetter war gestern. Nicht die ganze Zeit, im Gegenteil, der Tag war sogar ziemlich schön (auch wenn er schon ziemlich nach Herbst roch, finde ich). Als wir die letzten Züge dieses Tages allerdings nutzen wollten, um ein Bier in Berlins höchstgelegener Strandbar zu nutzen (irgendwer hat zig Tonnen Sand auf das Dach der Schönhauser Allee Arcaden gekippt), kam dann aber beides: Regen und Sturm (gut, Wind, aber immerhin). Zwar nur kurz, aber immerhin: es hat gereicht, um sämtliche Kneipen in der näheren Umgebung zu füllen.
Als wir irgendwann dann doch einen trockenen und vor allem freien Platz gefunden hatten (die letzten beiden Sitzplätze im “Wohnzimmer” am Helmholtzplatz) hatte es schon beinahe wieder aufgehört zu regnen. Schon mal angekommen blieben wir trotzdem und freuten uns an den seltsamen Menschen, die ebenfalls hierher gefunden hatten.
Zugegeben, ich beobachte gerne Leute und gerade Berlin bietet tausend Möglichkeiten dazu. Zu nennen ist etwa die junge Frau, die in sechs oder sieben Metern Entfernung von uns saß und trotz des schummrigen Lichts eine dunkle Sonnenbrille trug. Zunächst dachte ich wirklich, vielleicht ist sie blind oder hat zumindest was an den Augen, dem war aber anscheinend nicht so. Oder die beiden Damen, die bei uns mit am Tisch saßen. Während eine artig an ihrem Bier nuckelte, hatte die andere ein Glas Rotwein vor sich stehen. Gut eine Stunde saßen die beiden neben uns, angerührt hat sie den Wein nicht. Das tat dann ihre Freundin. Mit den Worten “nun muss ich aber doch mal probieren” leerte sie das Glas in einem Zug. Dann verschwanden beide.
Gegangen sind wir dann auch irgendwann. Mittlerweile hatte es aufgehört zu regnen, und auch die Kneipen hatten begonnen, sich zu leeren. Es war gegen kurz vor eins und die Berliner begannen sich auf den Weg in die Clubs zu machen. Nicht umsonst ist die Clubszene der deutschen Hauptstadt im Ausland berühmt-berüchtigt, wie mir die Backpacker im Hostel immer wieder versichern. Mir war das in dem Moment relativ egal, ich war müde.
Der Weg nach Hause ist vom Helmholtzplatz nicht unbedingt weit. Trotzdem und obwohl ich die Strecke schon zig Mal gelaufen bin habe ich immer wieder das Gefühl, etwas neues zu entdecken. Ein neues Geschäft, eine neue Kneipe oder auch einfach nur eine neue Schaufensterdekoration. Es ist, als würde sich die Stadt andauernd selbst neu erfinden. Weil es hier so viele Menschen gibt, die vielleicht komisch oder auch einfach nur etwas anders sind, bleibt Berlin andauernd in Bewegung. Das mag ich an dieser Stadt. Sie erfindet sich dauernd neu.
In diesem Sinne, öfter mal die Augen aufmachen!