Gedankenwelten

Postabituriale Kommunikation

Ich habe einen blauen Brief bekommen. Meine Leistungen in den Fächern „Postabituriale Kommunikation“ und „Nachabituriales Feiern“ seien nicht ausreichend, meine Versetzung gefährdet. Dringend erforderlich daher der Besuch eines Seminars mit dem Titel „Flammendes Partyinferno in Praxis, ohne Theorie“. Sowas bringt einen zum Nachdenken.

Mein Abitur ist mittlerweile achteinhalb Jahre her. Mit einigen der Leute, die damals mit mir die Schulbank gedrückt haben, bin ich noch (oder mittlerweile) eng befreundet, andere wiederum habe ich seit der Zeugnisverleihung nicht mehr gesehen. Bei manchen tut mir das Leid, bei anderen nicht, und bei wieder anderen ist es mir völlig egal.

Es ist komisch, wie sich eine Welt, die auf einen bestimmten Ausschnitt zentriert ist, plötzlich weiten und von ihrem Ausgang emanzipieren kann. Ein nicht unbedeutender Teil er Leute, mit denen ich im Juni 1999 das Abi-Zeugnis entgegen genommen habe, ist mir mir eingeschult worden. Damals waren wir sechs und es ist ein komisches Gefühl, wenn man plötzlich vor Augen geführt bekommt, dass diese Leute mittlerweile zum Teil selber Kinder mit Schultüten haben.

In jedem Abi-Jahrgang gibt es zudem gewisse Grundtypen. Da sind immer die „Coolen“, immer die „Freaks“ und immer diejenigen, die irgendwo dazwischen sind (interessanterweise werden sich wohl neun von zehn eher „dazwischen“ sehen als irgendwo sonst, aber das nur am Rande). Allerdings gilt diese Ordnung immer nur für die jeweilige Gruppe. Ein komischer Gedanke, dass vielleicht die Freundin, der beste Freund oder gar der eigene Chef beim jeweiligen Abi-Treffen der (Ex-?)Freak ist.

Ich bin eigentlich immer gern zur Schule gegangen. Dennoch bin ich durchaus froh, das Schubladendenken der praeabiturialen Kommunikation irgendwann hinter mir gelassen zu haben. Auf ein Wiedersehen mit all den Leuten von damals bin ich trotzdem gespannt. Schon wegen der Vorurteile.

In diesem Sinne, frohes Wiedersehen!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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