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Popelalarm

Warum, wollte die Stimme aus dem Radio wissen, bohrt jemand im Auto in der Nase, während er im Stau steht oder an roten Ampel auf grün wartet. Rechnet er nicht damit, von allen Seiten beäugt und bei dieser verpönten Handlung missgünstig beobachtet zu werden? Würde er es, auf frischer Tat ertappt, zugeben? Wohl nicht.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, worum es in besagter Radiosendung ging, oder warum der Moderator ausgerechnet diese Frage stellte. Man könnte den Sachverhalt allerdings noch auf allerlei andere Dinge ausdehnen. Etwa wieso jemand seine Wohnung nicht aufräumt, wenn er doch genau weiß, dass er Besuch bekommt. Oder warum es eine Katastrophe ist, nach dem Essen noch Spinat oder Salat zwischen den Zähnen zu haben. Kurz: warum jemand sich nicht zumindest bemüht, den guten Schein zu wahren.

Mal ehrlich – welchen Sinn hat es, so zu tun, als hätte man noch nie in der Nase gebohrt, masturbiert oder in der vollbesetzten Bahn einen fahren lassen? Wieso gibt es eine offenbar ganze Reihe von Dingen, die jeder tut (oder die zumindest jedem passieren können), die aber trotzdem als böser Fauxpas gelten und die es daher tunlichst zu überspielen gilt? Wieso ist es trotzdem irgendwie desillussionierend, wenn man sich bewusst macht, dass wohl kaum einer diese Dinge zugeben würde, sich aber trotzdem, davon bin ich überzeugt, keiner davon ganz freisprechen kann?

Wir leben in einer Welt voller Schauspieler, und selbst die werden regelmäßig desillussioniert, im wahrsten SInne des Wortes. “Früher träumte ich davon, für immer von exotischer Frauenwäsche umgeben zu sein”, sagt John Cusack alias Rob in der Romanverfilmung von High Fidelity bezogen auf das Zusammenziehen mit einer Frau, “inzwischen weiß ich, daß die ihr bestes Model für die Nacht aufsparen, in der sie mit jemandem schlafen.”

Wir müssen uns wohl damit abfinden: auch schöne Frauen tragen manchmal ganz gewöhnliche Alltagsunterwäsche, und wenn man nur lange genug wartet, wird man wohl auch Brad Pitt mit dem Finger in der Nase erwischen können.

In diesem Sinne, alles wird gut!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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