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Horseshoe Bend

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“Do you have water with you?” – “Haben Sie Wasser dabei?” Der Auftrag der uniformierten Frau am Rande des Parkplatzes schien sich darauf zu beschränken, immer wieder diese eine Frage zu stellen. Zum Glück, wie wir später noch herausfinden sollten.

Laut Reiseführer war es nur ein kurzer Spaziergang von dem Parkplatz am Highway 89 zu der markanten Biegung des Colorado River, “Horseshoe Bend”, zu deutsch: Hufeisenbiegung, benannt nach ihrer ungewöhnlichen Form. Etwas mehr als ein Kilometer, das schien mir sogar mit meinem lädierten Fuß möglich. Außerdem konnte man schon vom Parkplatz die Kuppe des Hügels sehen, hinter der sich der Fluss ja wohl befinden würde.

Weit gefehlt. Nach dem Aufstieg eröffnete sich kein Blick in die Schlucht. Statt gab es eine gelbsandige Wüste, die mit trockenen Sträuchern und vereinzelten Steinen gesprenkelt war. Der einzige Schattenspender war eine kleine, hölzerne Überdachung auf dem Scheitelpunkt des Hügels. Selbst unter dem Sonnenschutz waren es noch 35 Grad Celsius oder mehr. Der Weg führte von hier aus leicht gewunden nach unten und endete in einem, vielleicht auch eineinhalb Kilometern Entfernung abrupt: Horseshoe Bend.

“Wir können auch zurück gehen”, meinte I. mit einem Blick auf meinen Fuß. Vermutlich hatte sie Angst, mich am Ende den Weg zurück tragen zu müssen, was angesichts meines Humpelns möglich, realistisch betrachtet aber keine Option war. Ich wiege locker doppelt so viel wie I.. Und ich hatte mir in den Kopf gesetzt, diese Schlucht zu besuchen. Der in meinen Augen viel zu langsam heilende Fuß hatte mich viel zu lange eingeschränkt. Ich wollte diese Schlucht sehen!

Es war eine Tortur. Jeder erfolgreich gehumpelte Schritt in Richtung der Schlucht war beides: Erfolg und Verunsicherung. Je weiter wir kamen, desto stolzer war ich, desto erschöpfter wurde ich und desto größer wurde die Sorge, ob ich es am Ende auch wieder zurück schaffen würden. Im Geiste dankte ich der Frau auf dem Parkplatz, dass sie uns gezwungen hatte, eine Wasserflasche mitzunehmen. Zugleich ärgerte ich mich, dass wir uns für die kleine, 0,5-Liter-Flasche entschieden hatten – 0,25 Liter für jeden. Schon nach der ersten Hälfte des Weges wäre die doppelte Menge gerade genug gewesen.

Die Aussicht entschädigte uns für alle Anstrengungen. Selbst wenn an diesem Aussichtspunkt ständig unzählige Touristen in den Abgrund starren, kann das der rund 300 Meter tiefen Schlucht nicht ihre Erhabenheit nehmen. Wie an vielen Orten im Westen der USA relativiert die Landschaft nicht nur das Ego des Betrachters, sondern irgendwann auch alle anderen Gedanken. Hinzu kam in diesem Fall noch die Euphorie, es geschafft zu haben. Nicht nur bis zur Schlucht, sondern mit einigen Pausen sogar wieder zurück zum Parkplatz und zu dem 3-Liter-Wasserkanister im Kofferraum unseres Autos.

In diesem Sinne, das Trinken nicht vergessen!

PS: Mehr Post zum USA-Roadtrip gibt es hier.

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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