Gedankenwelten

Hauptsache gefährlich

Lecker? Oder eher nicht? Egal. Hauptsache gefährlich. Darum wird dieses Werbeposter auch groß mit „Warning!“ überschrieben. Koka-Blätter? Das ist schließlich das Zeug, wo Kokain draus gemacht wird, oder?

Ich erinnere mich noch daran, als Ende der 1980er (oder war es Anfang der 1990er?) Red Bull in Deutschland auf den Markt kam. In einer Dose ist so viel Koffein wie in sechs Tassen Kaffee – mindestens – hieß es damals auf dem Schulhof. Das war natürlich Quatsch. Da es aber anfangs Probleme mit der Zulassung des Getränks in Deutschland gab, machte schnell das Gerücht eines drohenden Verbots die Runde – womit Red Bull erst richtig interessant wurde. Dass eine Dose in Wirklichkeit nicht mehr Koffein enthält als eine Tasse Kaffee, war letztlich zweitrangig.

Das gleiche hat auch vor gut 15 Jahren noch mal toll funktioniert, als Absinth erneut seinen Siegeszug durch Europa antrat. Was über Jahrzehnte verboten gewesen war, das konnte jetzt doch nur gut sein – oder? Saufen mit Gefahrenzulage, darum ging es!

Mit den bolivianischen Koka-Blättern, die in „Agwa“ drin sind, ist es ähnlich. Klar, aus den Blättern wird Kokain gewonnen. Aber glaubt denn wirklich jemand, so ein Likör könnte in Deutschland dauerhaft Karriere machen, wenn seine Verwandtschaft mit der Droge darüber hinaus ginge? Es ist der doppelte Boden, der die Hauptrolle spielt. Das Gefühl, etwas Verruchtes, ja, beinahe Verbotenes zu tun, ohne sich dabei wirklich in Gefahr begeben zu müssen. Das ist es, was zieht!

Ich erinnere mich daran, wie ich vor einigen Jahren im Rahmen einer längeren Tour im argentinischen Puna unterwegs war, einer Hochwüste im Norden des Landes auf zum Teil über 4100 Metern Höhe. Mit das erste, was unser Guide damals aus der Tasche zog und an uns Reisende verteilte, war eine Handvoll Koka-Blätter, die es auch in den Märkten der Provinzhauptstadt Salta überall zu kaufen gab. Man deponiert sie als kleines Kügelchen zusammengerollt im Mund und ist so weniger anfällig gegen die typischen Anzeichen von Höhenkrankheit wie Schwindel, Kopfschmerzen oder Übelkeit.

Bei mir hat das damals ganz gut funktioniert. Übrigens völlig ohne Kokain-Rausch oder sonstige Hochgefühle. Zu dumm, dass ich nicht auf die Idee gekommen bin, daraus einen Likör zu brauen und in Deutschland zu verkaufen …

In diesem Sinne – heute schon gefährlich gelebt?

Hier übrigens ein Bild, das ich damals (noch mit einer Analogkamera) gemacht habe: Salzgewinnung in den großen Salzseen in Nordargentinien. Zum Vergrößern anklicken.

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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