Desillussionierend Karriere Tresenweisheiten

Gefräßig

Journalisten müssen als sehr hungrig gelten. Oder als sehr gefräßig, je nachdem. Das würde zumindest erklären, warum auf Einladungen zu Presseterminen immer wieder darauf hingewiesen wird, dass “für das leibliche Wohl gesorgt ist”. Oder dass es “auch einen Imbiss geben wird”.

Manchmal wird die Einladung auch gleich in Großbuchstaben mit “Pressefrühstück” oder auch “Pressebrunch” betitelt – damit es auch die lesefaulen unter den gefräßigen Journalisten in jedem Fall sehen.

Zugeben würden das diejenigen, die die Einladungen schreiben, natürlich niemals. Vielmehr wisse man doch, wie stressig und kräftezehrend der Beruf des Journalisten sei, so ein Pressesprecher, als ich ihn darauf ansprach. Und dass zwischen der Hetze von Termin zu Termin oft einfach keine Zeit bliebe, um auch noch etwas zu essen.

Journalisten sind da gelassener. Nur unter halb vorgehaltener Hand gestand mir vor einiger Zeit ein frei arbeitender Kollege, dass er sich die Termine durchaus auch nach kulinarischen Gesichtspunkten aussuchen würde. “Erzählt wird ja doch immer das selbe – beim Essen dagegen geben sich die meisten noch richtig Mühe!”

Ich gebe zu, ein gutes Licht wirft das nicht auf meinen Berufsstand. Mal ganz abgesehen davon, dass mir nach diesem Blogeintrag keiner mehr glauben wird, dass für mich die Art der Verpflegung bei einer Pressekonferenz oder einem ähnlichen Termin nicht wirklich ausschlaggebend ist. Oder sagen wir: fast nicht ausschlaggebend. Denn eine Ausnahme gibt es: ein Hintergrundgespräch mit einem Vertreter der kassenärztlichen Vereinigung.

Da ich seit Jahren nicht mehr richtig krank und mindestens eben so lange nicht mehr beim Arzt war (sieht man vom Zahnarzt ab), habe ich bei diesem Termin wirklich gerne und auch sehr gut gegessen. Irgendwie muss ich mir schließlich meinen monatlichen Abzug für die Krankenversicherung wieder reinholen – und sei es auch nur ansatzweise. Wobei … natürlich wäre ich auch ohne Essen zu dem Termin gegangen.

In diesem Sinne, auf gute Gesundheit!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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