Gedankenwelten

Frauenprobleme

Es fing gegen drei Uhr nachts an. Bewaffnet mit ihrer Bettdecke, einem Kissen und einem grimmigen Gesichtsausdruck stand sie vor mir: “They only bite me, I will sleep here!” (Sie beißen nur mich, ich werde hier schlafen). Dann begann sie, mir ihre Mückenstiche zu zeigen. Ziemlich viele, das stimmte wohl, und an Stellen, nach denen ich bestimmt nicht gefragt hätte.

Zugegeben, woanders hätte mir das vielleicht sogar gefallen, zumal die junge Spanierin recht hübsch war. Aber wie sich die meisten wohl gedacht haben, spielte sich die beschriebene Szene nicht an meiner Wohnungstür ab, sondern am Tresen der Hostelrezeption. Sie ließ sich dann auch recht einfach klären: mit einem Bett in einem anderen Zimmer.

Schwerwiegender schien dagegen die Schwierigkeiten des völlig betrunkenen Bayern, der kurz darauf vor mir stand. Gut genährt und mit breitem, süddeutschen Dialekt erklärte er mir um vier Uhr morgens, er habe ein Problem mit seiner Frau. Lange Kunstpause – ich hoffte auf eine Erklärung. Die blieb aus, also entschied ich mich vorsichtshalber, den guten Mann zunächst mal nicht zu ernst zu nehmen. Statt dessen bot ich ihm an, im Backoffice nachzusehen, ob ich vielleicht noch eine andere Frau da hätte, die er statt dessen haben könnte.

Und tatsächlich: einen Moment schien er ernsthaft darüber nachzudenken. Sollte das die Lösung sein? Dann besann er sich aber anders. Während er sich mit beiden Händen mühsam am Tresen festhielt, intonierte er erneut laut und in merklich gelalltem Bayrisch: “I hoab an Probbblem mit mai Waib!”

Um es kurz zu machen: seine Frau hatte ihn geschickt, ein Handtuch zu besorgen. Das war das Problem. Das war alles!
Zwar versuchte er mich noch eine Weile zu überzeugen, noch ein paar Bier mit ihm zu trinken (“I hoab da nämlich an Probbblem mit mai Waib!”), das war es dann aber auch. Nach gut 20 Minuten wankte er, samt Handtüchern, ohne Bier, zurück in sein Zimmer und zu seiner Problemfrau.

Allerdings war die Nacht da ja noch jung. Zu guter letzt, gegen sechs nämlich, stolzierte ein nicht mehr ganz junger Mann mit interessanter Lockenfrisur ins Hostel. Im Schlepptau: eine schweigende Frau mit schüchternem Gesichtsausdruck und viel zu viel Schminke darüber. In der Hand zwei Rosen. Solche, wie sie auch völlig überteuert in Kneipen verkauft werden.

Sie bräuchten ein Zimmer, nur für ein paar Stunden, erklärte er mir in fließendem Deutsch. Sie seien Araber und im Urlaub hier. Wenn hier nichts mehr frei wäre, solle ich mich doch bitte ans Telefon schwingen und ihnen ein Bett besorgen. Seine Frau sei müde und er auch. Ich dagegen war eigentlich nur verwundert: sind nachts eigentlich alle verrückt? Oder nur wenn ich arbeite?

In diesem Sinne, frohes Wahnsinnen!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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