Gedankenwelten

Ferngesehen

Ich bin kein großer Fernsehgucker. Manche Leute können gut und gerne einen ganzen Tag vor dem Flimmerkasten verbringen, sich wild zappend von Talkshow zu Gerichtsshow und dann wieder zur Talkshow zurück hangeln, dazwischen verfolgen, wie B-Promis fremde Wohnungen einrichten oder Unbekannte füreinander kochen.
Mir liegt das nicht, mir fehlt dafür meist schlichtweg die Ruhe. Das Verpasste ziehe ich statt dessen morgens aus den Medienseiten der Zeitung oder aus den Gesprächen mit eben jenen TV-Junkies.

Einerseits. Andererseits trage auch ich meinen Teil zu den Einschaltquoten bei. Ich liebe beispielsweise die Simpsons, bin ein Fan von „guten“ Filmen (wobei „gut“ natürlich relativ ist) und kann mittlerweile einen Großteil der Folgen aus zehn Staffeln „Friends“ mitsprechen (wobei ich die dann doch lieber auf DVD gucke, weil ich die deutsche Synchronisation furchtbar finde).

Und dann gibt es da noch die Sendungen, von denen ich zwar sage, sie eigentlich nicht zu gucken, die aber dann trotzdem plötzlich über meinen Bildschirm flimmern. Zum Beispiel „das Traumschiff“, eine dieser Sendungen, bei denen die Protagonisten weder gelb noch aus Springfield sind, die nun wirklich nicht unter der Kategorie „gut“ subsumiert werden kann, und deren zweite Hälfte trotzdem gerade den Weg in meine Ein-Zimmer-Wohnung gefunden hat.

Zugegeben, eingeschaltet habe ich, weil ich in der Programmzeitschrift gesehen hab, dass diese Folge in Thailand spielt. Dort war ich schon mal und wollte sehen, ob ich was wieder erkenne. Dem war dann nicht so, da nur Strände gezeigt wurden und noch dazu nur auf Phuket, das kenne ich nicht. Dran geblieben bin ich dennoch. Trotz Andre Rieu als Gast-Star und obwohl – natürlich – nach der vermeintlichen Katastrophe am Ende wieder alles Happy war.

Warum? Kindheitserinnerungen.
„Das Traumschiff“, ich hab es eben nachgeguckt, läuft seit 1981 im deutschen Fernsehen. Da war ich zwei Jahre alt. Mehr als 50 Folgen wurden seitdem produziert und ich habe als Kind mehr als eine davon gesehen. Nicht, weil ich das unbedingt wollte, sondern einfach, weil meine Mutter das geguckt hat. Ich hatte damals keinen eigenen Fernseher und das Gerät meiner Eltern lange Zeit nicht mal eine Fernbedienung und nur acht Knöpfe (gut, das änderte sich recht schnell, so alt bin ich ja auch nicht). Kurz: geguckt wurde nicht selten, was die Eltern gucken wollten, umgeschaltet nur, wenn jemand dafür aufstand. Entsprechend war das Samstag-Abend-Highlight noch „Wetten Das?!“ und man war Mittwochs auf dem Grundschul-Pausenhof verloren, wenn man am Vortag zu Abend essen musste, wo doch eigentlich „Knight Rider“ lief.

Es ist wohl eine Krankheit der modernen Zeit, dass ich mich tatsächlich an meine Kindheit erinnert fühle, wenn im Fernsehen ein großes, weißes Schiff auftaucht oder ich Jan Fedder im „Großstadtrevier“ durch Hamburg fahren sehe?
Trotzdem gönne ich mir diese melancholischen Momente manchmal. Und manchmal frage ich mich dann, wie das wohl bei den heute Achtjährigen sein wird.

In diesem Sinne, frohes Umschalten!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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