Papawelten

Doppelt (Mädchen-)Papa oder: Von Bremsscheiben und Pubertätsnöten

Tochter (2): “Papa, Du musst aufwachen!”
Papa: “Ich möchte lieber noch schlafen.”
Tochter (2): “Aber das geht nicht!”
Papa: “Warum denn nicht? Es ist erst fünf Uhr früh, und ich bin noch so müde.”
Tochter (2): “Aber ich hab doch das Licht angemacht!”

Die Logik meiner Tochter ist bestechend. Was soll man da noch gegen-argumentieren? Natürlich bin ich aufgestanden und bin meiner Tochter artig ins Wohnzimmer gefolgt. Steht nicht schon in der Kinder-Gebrauchsanweisung, dass eine der Nebenwirkungen des Vaterseins chronischer Schlafmangel sein würde? Allerdings stand da auch etwas von “begrenzter Zeit”, oder?

Für alle Nebenwirkungen gilt die “begrenzte Zeit”-Einschränkung freilich nicht. Erst kürzlich habe ich darüber nachgedacht, dass ich nun nicht nur mein Leben lang Vater von Kindern, sondern Vater von zwei Töchtern sein werde.

Mein ältestes Kind wird immer ein Mädchen sein, meine Zweitgeborene ebenfalls. Auch wenn derzeit eine der liebsten Tätigkeit meiner Zweieinhalbjährigen ist, an ihrem Roller die (fiktiven) Bremsscheiben zu wechseln, werde ich mich wohl spätestens in der Pubertät zunehmend mit Themen beschäftigen müssen, bei denen mir jede persönliche Erfahrung fehlt.

Ich weiß nicht, wie es ist, wenn man das erste Mal seine Tage hat. Oder wenn einem plötzlich nicht nur Brüste wachsen, sondern diese auch noch gefühlt von aller Welt angestarrt werden. Liebeskummer kenne ich nur aus Jungs-Sicht und hatte die Haare nie länger als bis kurz über die Ohren. Kurz gesagt: bei Bremsscheiben fühle ich mich noch auf einigermaßen sicheren Terrain, bei allem anderen, werde ich mich überraschen lassen müssen (wobei ich nun natürlich keineswegs irgendwas vorwegnehmen will. Meine Beiden sollen sein und lieben, was immer sie glücklich macht).

Dabei ist es natürlich nicht nur das Geschlecht. Je nachdem, welche Interessen meine Kinder entwickeln, werde ich möglicherweise viel Zeit in Sport- oder Schwimmhallen verbringen, mir unendlich viele selbst komponierte Musikstücke anhören oder vielleicht tatsächlich noch viele Jahre über die richtigen Bremsscheiben an immer größer werdenden Rennautos diskutieren.

Irgendwo habe ich einmal gelesen, man solle nicht den Fehler machen und Kinder wie ein weißes Blatt Papier betrachten, das erst nach und nach durch Erziehung und Förderung beschrieben wird. Natürlich prägt man sie. Trotzdem sind Kinder sind von Anfang an eigene Persönlichkeiten mit einem eigenen Willen, eigenen Ideen und Vorstellungen. Als Eltern kann man hin und wieder eine Anregung geben, in die vermeintlich richtige Richtung lenken und, wenn es nötig ist, Grenzen aufzeigen. Vor allem aber ist man ein Möglich-Macher, der dafür sorgt, dass die Kinder das tun können, was sie gerne tun möchten. Davon bin zumindest ich überzeugt. Genauso wie ich glaube, dass Kinder ihre Eltern mindestens im gleichen Umfang erziehen, wie sie von diesen erzogen werden.

Was nicht schlecht ist. Schon jetzt habe ich das Gefühl, die Welt um mich herum durch meine Kinder ein zweites Mal entdecken zu dürfen. Ich darf teilhaben an der Begeisterung meiner Zweieinhalbjährigen, wenn sie das erste Mal ein Klettergerüst erklommen hat, für das sie bisher immer zu klein war. Oder wenn sie im Kindergarten stolz erzählt, dass sie heute ganz alleine das Tor zur Tiefgarage hat öffnen dürfen, die bei uns schon lange die normale Haustür ersetzt hat. Ist ja auch interessanter.

Ich darf miterleben, wie meine bald sechs Monate alte Tochter feststellt, dass sie mit ihren kleinen Händchen ganz alleine Dinge greifen und festhalten kann. Ich darf mich mit ihr freuen, wenn sie glücklich lacht, weil sie sich durch geschicktes Drehen und Strampeln von einem Punkt der Krabbeldecke zum nächsten vorgearbeitet hat. Oder wie sie mit großen Augen verfolgt, wie die große Schwester auf ihrem Roller über den Spielplatz rast.

Welcher Spielplatz das ist, entscheidet die längst selbst. Ebenso, welchen Weg wir dorthin nehmen. Bewundernswert, mit welcher Souveränität sie das macht – und mit welcher Vehemenz sie auf ihren Willen, ihren Weg und auf ihr Ziel pocht. Den Dickkopf hat sie vermutlich von mir. Und vermutlich ist es ohnehin nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was noch kommt.

Trotzdem oder gerade deswegen sind all das für mich ganz wundervolle Erfahrungen, von denen ich früher nicht einmal geahnt habe, wie wertvoll und herzerwärmend sie sind. Als Vater darf ich meinen Töchter etwas bieten, was diese später einmal mit dem Wort “Kindheit” umreißen und hoffentlich in positiver Erinnerung haben werden. Vor allem aber darf ich dabei sein, während sie ebendiese Zeit erleben.

In diesem Sinne, die gesammelte Ladung Papa-Content gibt es hier!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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