Reisewelten Sehnsucht Splitter

Brown Eyed Girl

Er hieß nicht Van Morrisson, auch wenn der Name zu ihm es gepasst hätte. Wir saßen zusammen in einer Bar, ein paar Kilometer abseits der ganz schlimmen Touristenströme. Das Lokal hatte nur drei Wände, nach vorne raus gab es statt einer Wand nur eine Art Zaun.Obwohl es schon nach zehn Uhr war, war die Hitze immer noch drückend. Die Bierflaschen wurden in Styroporhüllen serviert, damit das Bier darin länger kühl blieb.

Auf einer improvisierten Bühne an einem Ende des Lokals spielte eine asiatische Musikgruppe, vor allem amerikanische Rock-Klassiker aus den 1960ern und 70ern. Wirklich gut waren die Musiker nicht, aber es reichte. Keiner von uns hatte besondere Erwartungen an die Musik gehabt. Wir waren alle den Tag unterwegs gewesen und zu müde, um uns groß Gedanken zu machen.

Wir waren zu viert, vielleicht auch zu fünft, ich kann mich nicht mehr so genau erinnern. Ich hatte die meisten von ihnen erst vor wenigen Minuten kennengelernt. Das Gespräch plätscherte dahin, was uns allen entgegen kam.

Irgendwann ging Van – seinen richtigen Namen habe ich leider vergessen – auf die Toilette. Er kam allerdings nicht wieder. Der Weg zur Toilette führte nämlich an der Bühne vorbei und Van war mit seinem Bedürfnis offenbar nicht allein.

Der Gitarrist und Sänger der Band, der bisher vor allem durch einen ziemlich verkniffenen Gesichtsausdruck und schlechte Soli aufgefallen war, griff sich Van. Ohne weitere Erklärung drückte er dem verdutzten Engländer seine Gitarre in die Hand und verschwand in dieselbe Richtung, aus der Van gerade zurückgekommen war – auf die Toilette. Den schien das nicht zu stören – im Gegenteil. Spontan spielte und sang er “Brown Eyed Girl” von Van Morrisson. Nicht wirklich gut, aber für mich bis heute die beste Version des Liedes, die ich bislang gehört habe.

In diesem Sinne, Reisen macht musikalisch!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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