Dass ich in Bellavista gelandet bin, war Zufall. Glück war es wiederum, dass ich dort nicht ausgeraubt wurde. So hat es mir zumindest Eli erklärt, die ich dort an meinem zweiten Abend kennengelernt habe. Ähnlich sieht es übrigens der Südamerika-Reiseführer, der immer noch bei mir im Regal steht.
Ich habe keine Ahnung, wieso ich ausgerechnet jetzt auf Chile komme. Vermutlich liegt es am WM-Testspiel der deutschen Kicker gegen die südamerikanische Auswahl. Letzte Nacht habe ich jedenfalls von Chile geträumt. Im Traum habe ich eine halbe Ewigkeit gebraucht, um meinen Koffer für die Reise zu packen. In der Realität war ich schon fast zwei Monate in Argentinien unterwegs gewesen, bevor ich per Überlandbus von Buenos Aires aus nach Santiago gefahren bin. Viel zu packen hatte ich also nicht – ich hatte ohnehin nur einen Rucksack bei mir.
Eine Reisebekanntschaft hatte mir das Viertel nördlich von der Innenstadt empfohlen. Viele Restaurants, viele Kneipen, verhältnismäßig preiswert. Denn anders als andere Südamerikanische Länder war Chile im Jahr 2004 längst auf europäischem Preisniveau erreicht. Für jemanden, der länger als nur ein paar Wochen unterwegs sein wollte, spielten solche Kleinigkeiten durchaus eine Rolle.
Eli habe ich an meinem zweiten Abend kennengelernt. Ich hatte es mir gerade an einem Tisch in einem der vielen Cafés an der Pio Nono, der Hauptstraße des Bezirks, bequem gemacht. Ein Italiener, den ich im Bus kennengelernt hatte, wollte wenig später zu mir stoßen. Doch Elis Bruder war schneller. Sie hätten gerade gerätselt, ob ich Ausländer oder Chilene sei, eröffnete er das Gespräch. Wenig später saß ich bei der Gruppe Chilenen am Tisch und wurde auf ein Bier eingeladen. Offenbar hatte jemand dank meiner Antwort eine Wette gewonnen.
Der Abend wurde lang und feucht. Dass er auch gefährlich werden könnte, erklärte Eli mir, als wir später am Abend in Richtung meines Hostels schlenderten. Als einzige in der Runde sprach sie Deutsch, weil sie nach der Schule als Au-Pair in Deutschland gewesen war. „Pass unbedingt auf Dein Geld auf“, schärfte sie mir ein. „In Bellavista gucken sie extra darauf, wer aussieht, als käme er nicht von hier.“
Vielleicht habe ich Glück gehabt, vielleicht hat Eli auch einfach übertrieben. Passiert ist mir jedenfalls nichts. Vielleicht lag es daran, dass ich ohnehin vorsichtig war – ein paar Wochen zuvor war mir in Argentinien mein Tagesrucksack gestohlen worden.
In diesem Sinne, Fernweh, ich komme!