Gedankenwelten

Gewürfelte Welt

Ist der Zufall unser Freund? Oder ein böser Feind, den es zu meiden, vielleicht gar zu bekämpfen gilt?

Manchmal wüsste ich gerne, wie viele Zufälle nicht passiert sind. 

In ihrem Blog beschreibt eine Freundin von mir, wie sie wider jeder Wahrscheinlichkeit in der Mumbai zufällig einem alten Bekannten über den Weg läuft. Für sie ein durchaus bemerkenswertes Ereignis: wie groß ist schließlich die Wahrscheinlichkeit, in einer Millionenstadt ausgerechnet diesen einen Menschen zu treffen.

Die Überlegung macht Sinn. Andererseits frage ich mich, wie oft wohl durchaus die Möglichkeit für so einen Zufall da war, der Zufall aber eben nicht stattfand.

Es ist schon eine Weile her, noch während meiner Berliner Zeit, da traf ich diese Frau. Unsere Begegnung war beruflicher Natur. Sie war als Studentin bei einer Schulung dabei, die ich damals als Angestellter einer größeren Hotelgruppe absolvierte. Ich fand sie von Anfang an sympathisch, fand aber nicht wirklich die Gelegenheit, mich weiter mit ihr zu unterhalten (ja, zugegeben, ich war wohl einfach zu feige).

Einige Zeit später war ich gerade auf dem Weg zur Arbeit. Ich war etwas früher aufgebrochen, weil so viel zu tun war. Just in dem Moment, in dem ich aus meiner Straße in die Schönhauser Allee abbog, stand sie plötzlich vor mir. Wäre ich nur eine Minute später aus dem Haus gegangen, sie wäre schon ein paar Meter weiter und an meiner Straße vorbei und damit nicht mehr auf meinem Weg gewesen.

Welch unglaublicher Zufall, werdet Ihr zu Recht exklamieren – und ich sehe das ganz genau so. Aber gerade weil dem so ist, frage ich mich, wie oft, wie viele Male ich wohlmöglich diese eine Minute zu spät aus dem Haus gegangen bin. Wie oft habe ich mich in der Millionenstadt für die eine und nicht für die andere Richtung entschieden und bin so knapp – zufällig – am Zufall vorbei geschrappt?

Ich habe ihre Telefonnummer bekommen. Die Frau aus der Geschichte und ich, wir haben uns wieder gesehen. Gefunkt hat es trotzdem nicht. Vielleicht wäre das zu viel des Zufalls gewesen, wer weiß. Ich bin jedenfalls gespannt auf den nächsten Zufall. 

In diesem Sinne, frohes Würfeln!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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