Mitmenschen Reisewelten

Zufallsbekanntschaft

Als wir ihn trafen, war er gerade gelandet. “Durban, Südafrika”, sagte er und trank einen Schluck. Tauchen sei er gewesen und noch immer etwas müde von der Reise. “Zehn Stunden Flug, wissen Sie?”, erklärte er. Dann nahm er noch einen Schluck aus der Wasserflasche.

Diese Flasche war mir als erstes aufgefallen. Wer trinkt in einem Münchner Biergarten schon Wasser? Noch dazu als echter Bayer. Darauf ließ zumindest sein Dialekt schließen. Viel Zeit hatte er in den vergangenen Monaten allerdings nicht in seiner Heimat verbracht und dies auch in den nächsten Monaten nicht vor. “Im Sommer will ich nach Ägypten und im September wieder in die Südsee”, erklärte er. “Da habe ich mich mal mit zwei Flaschen Rum für die Gastfreundschaft bedankt. Daraufhin sie als Dankeschön abends eine 21-Jährige in meine Hütte geschickt. So läuft das da.”

69 Jahre sei er nun alt, so lange es noch geht, wolle er reisen. “Man weiß ja nie, wie lange die Pumpe noch mitmacht.” Er deutet auf seine linke Brust. Eine Frau habe er nicht, “hat sich nicht ergeben.” Jetzt, wo er in Rente sei, sei er eben viel unterwegs. Südafrika, Neuseeland, Australien, Tonga – überall, wo man tauchen kann. Am liebsten mit Haien, die mag er. “Wenn man wie ich unterwegs ist, überall lange bleibt und keine großen Ansprüche hat, dann ist das auch nicht so teuer.”

Während er spricht, leuchten seine blauen Augen unter dem weißen Stoffhut. Trotzdem wirkt er auf eine seltsame Weise traurig. Seine Geschichten sind interessant, man merkt ihm an, dass er gerne erzählt. Doch gerade weil die Worte nur so aus ihm heraussprudeln, fragt man sich die ganze Zeit: hat er denn sonst niemanden, dem er von seinen Erlebnissen erzählen kann?

In diesem Sinne, eine gute, nächste Reise, namenloser Mann im Münchner Biergarten!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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