Desillussionierend Zeitreisen

Stuntman-Puzzle

Mit neun Jahren war alles noch ganz einfach. Ich wollte sein wie David Hasselhoff in “Knight Rider” und in einer schwarzen Lederjacke und in einem sprechendem Auto Verbrecher jagen. Alternativ konnte ich mir auch eine Karriere als Stuntman und Kopfgeldjäger vorstellen. Colt Sievers aus “Ein Colt für alle Fälle” schien kein so schlechtes Leben zu haben, zumal Lee Majors im Titelsong (“The unknown Stuntman”) ja selbst sang: “They’ll never make me president, but I’ve got the best first ladies.”

Komischerweise komplizierte sich die Sache nur ein Jahr später. Mit zehn Jahren kam ich aufs Gymnasium, wurde wenig später kalt von der Pubertät überrascht und ehe ich mich versah, hatte ich auch schon das Abitur in der Hand. Die unbeschwerte Zeit, als Träume noch echte Träume waren, ging schneller vorbei, als ich mir das mit neun vorgestellt hatte. Schlimmer noch: Plötzlich wurde von mir erwartet, meine Träume gefälligst in die Realität umzusetzen.

Gut, damals wollte ich schon lange nicht mehr Michael Knight sein, auch das Leben als Stuntman schien mir gar nicht mehr so reizvoll. (Zumal Lee Majors wohl auch mit folgenden Liedzeilen ganz richtig liegt: “But the harderst thing I ever do is watch my leading ladies, Kiss some other guy while I’m bandaging my knee”). So richtig ausgereift war das mit dem  Träumen aber noch lange nicht – und manchmal frage ich mich ob es das heute ist.

Natürlich habe ich Ziele, sogar ein ganzes Notizbuch voll. Nur scheinen die – gemessen an den alten Träumen – so viel komplizierter. Hinzu kommt, dass ich irgendwann zwischen dem neunte und zehnten Lebensjahr begriffen habe, dass ein Traum niemals so einfach frei im Raum hängt. Im Gegenteil: Träume verändern sich, sie passen sich an und sind immer schwerer zu fassen.

Michael Knight konnte in jeder Folge bei Null beginnen und kam am Ende auch wieder bei Null an. Im wahren Leben funktioniert das nicht. Jeder Lebensabschnitt bringt neue Träume hervor, und selbst die scheinen niemals still zu stehen. Im Grunde genommen ist es wie ein Puzzle, dass mit dem Puzzelnden wächst. Eine Art unendliche Geschichte. Naja, und die habe ich eigentlich auch mit neun gelesen. Und sie hat mir irgendwie ganz gut gefallen.

In diesem Sinne, 1000 Teile sind erst der Anfang!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

2 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Hi Felix, ich weiß ja nicht ob der Inhalt unseres heutigen Mailens es ein Traum war, er hat sich aber so oder so erfüllt. Damit wär die nächste unbeschwerte Zeit dahin. Ich sag nur Duschen, Frühstück, Kaffe + Brezeln, Mittagessen, Kaffe + Kuchen und als obs noch nicht genug gewesen wäre: Abendessen.
    Bis die Tage.
    jf

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