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Ortszeitreisegedächnis

Ich verknüpfe Erinnerungen gerne mit Orten. Eine U-Bahn-Haltestelle, an der ich immer umgestiegen bin. Eine Kneipe, in der ich in einer bestimmten Lebensphase oder in einem bestimmten Moment gesessen habe. Ein Weg, den ich regelmäßig gegangen bin. Ein Park. Alltägliches, meist.

Kehre ich später an diese Orte zurück, kann es passieren, dass ich in Gedanken eine kleine Zeitreise mache. Plötzlich erinnere ich mich an all das, was ich mit diesen Orten verbinde. Hin und wieder mit voller Absicht. Ich glaube, das ist meine Methode, mit gewissen Dingen abzuschließen.

Kurioserweise entstehen aus diesen Zeitreisen manchmal ganz neue Verknüpfungen. Als ich in Berlin eine Wohnung gesucht habe, bin ich abends zwei Mal in einer ganz bestimmten Kneipe hängen geblieben. Ich erinnere mich daran, wie neidisch ich auf all die anderen Gäste waren, die nach dem Bier in ihre jeweiligen Wohnungen zurückkehren konnten. Ich dagegen hatte nur ein Hostelbett – und die Hoffnung, am nächsten Tag mehr Erfolg bei der Wohnungssuche zu haben.

Als ich schließlich eine Wohnung gefunden und wenige Wochen später auch bezogen hatte, war ich noch ein paar Mal in der Kneipe. Es gefiel mir dort, auch weil mich der Laden daran erinnerte, wie ich angefangen hatte, Berlin zu meiner Stadt zu machen. Später kam ich wieder, weil mich besagtes Lokal so schön daran erinnerte, wie alles angefangen – und was sich seitdem verändert hatte.

So gesehen war es eigentlich nur logisch, dass ich auch vor meinem Wegzug aus Berlin wieder dort aufkreuzte. Inzwischen war die Kneipe so mit Erinnerungen aufgeladen, dass ich mich relativ schnell wieder verabschiedete. Als ich vor eineeinhalb Jahren auf einer Dienstreise das erste Mal seit meinem Wegzug wieder in Berlin war, habe ich mich nicht noch einmal dorthin getraut. Ich glaube, manche Orte taugen nur für eine gewisse Zahl an Erinnerungen. Danach brauchen sie erstmal Zeit, sich zu regenerieren. Die Orte. Oder ich.

In diesem Sinne, Grüße an August … und Atlantik!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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