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Lockvögel

2014-01-02-Laos-Vientiane

Am Anfang wäre ich nie auf die Idee gekommen, die Beiden für Lockvögel der laotischen Drogenfahndung zu halten. Ich hatte das junge kanadische Paar in einer Bar am Ufer des Mekong kennengelernt, der zu dieser Jahreszeit eher an Vientiane vorbei tröpfelt als fließt – siehe Bild. Ich weiß nicht mehr, wie wir ins Gespräch gekommen waren. Ich erinnere mich aber noch gut an die Überraschung, als wir beim Gehen feststellten, dass wir im selben Hotel wohnten – schon weil ich bisher eher den Eindruck gehabt hatte, der einzige Gast in diesem nicht mehr ganz neuen Hotel zu sein.

Als wir dort ankamen und ich mich in mein Zimmer verabschieden wollte, klopfte mir der Mann – seinen Namen habe ich leider vergessen – auf die Schulter. Dann reichte er mir seine Hand: “War nett, Dich kennenzulernen”, sagte er auf Englisch, “weißt Du, wir fliegen ja morgen weiter nach Vietnam, da können wir das nicht mitnehmen. Viel Spaß damit!”

Als ich merkte, dass er mir nicht nur die Hand geschüttelt, sondern mir auch etwas in dieselbe gedrückt hatte, waren er und seine Freundin schon um die Ecke und ins Treppenhaus verschwunden. Da gelassen hatte er allerdings ein gut gefülltes, kleines Plastiktütchen mit Marihuana.

“Wahrscheinlich klopfen als nächstes Drogenfahnder an Deine Tür”, war komischerweise der erste Gedanke, der mir durch den Kopf ging. Oder vielleicht doch nicht so komischerweise. Geschichten von vermeintlich ahnungslosen Urlaubern, die in Südostasien für Jahre hinter Gittern landen, weil ihnen jemand Drogen untergejubelt hat, kann wohl jeder Südostasien-Reisende erzählen. Das auswärtige Amt warnt ausdrücklich davor, in Laos auch nur in die Nähe von jemanden zu kommen, der gerade einen Joint raucht: “Fälle von Erpressung, nächtliche Razzien in Hotels wie Privatunterkünften sind keine Seltenheit.”

Nun hatten sie mich also. Der lustige Zufall, dass sich ausgerechnet dieses Paar in der Bar neben mich gesetzt hatte, war gar kein Zufall gewesen. Als alleinreisender Ausländer war ich ja ein leichtes Opfer. Stand auf dem Besitz von größeren Drogenmengen nicht sogar die Todesstrafe? Waren das in meiner Hand nicht mindestens zehn Gramm? Was würde meine Familie, meine Freunde zuhause sagen, wenn sie die Meldung von meiner Inhaftierung in der Zeitung lasen?

Niemand klopfte an meine Zimmertür. Das Hotel wirkte so leer wie eh und je. Auch das kanadische Paar habe ich nicht wiedergesehen. Den Gedanken, sie könnten Lockvögel der laotischen Drogenfahndung sein, habe ich relativ schnell wieder verworfen. Manchmal kommt man ja auf die komischsten Ideen. Das Marihuana habe ich trotzdem die Toilette runtergespült. Sicher ist sicher.

In diesem Sinne, gute Reise und so!

PS: Das Foto habe ich im Frühling 2005 aufgenommen. Es zeigt eines der zahlreichen “ufernahen” Restaurants in Vientiane, die meist nur aus ein paar Plastiktischen bestehen, die auf mehr oder minder wackeligen Planken über dem Mekong schweben. 

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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