Reisewelten

Hemingways Schinken

Die Spanier sind begeisterte Esser – und sie moechten diese Leidenschaft teilen. Wenn man am spaeten Nachmittag durch Madrid laeuft, versuchen sie einen mit allen Mitteln in die zahlreichen Cafès, Bars und Restaurantes lotsen.

Es gibt Kellner, die grosse Schilder um den Hals tragen, auf denen spanische Gerichte abgebildet sind. Wie bei einem Stierkampf stellen sie sich den Passanten in den Weg, fixieren sie mit ihren dunklen, durchdringenden Augen und durchschauen (vermutlich wegen ihrer jahrelangen Erfahrung als Torrero) jedes noch so geschickte Ausweichmanoever.

Andere Restaurantbesitzer werben mit grossen Namen. Sehr beliebt ist zum Beispiel der Schriftsteller und Journalist Ernest Hemingway, der gerne und oft in Madrid war und dessen Bild immer noch viele Lokale ziert. Dazu muss man allerdings wissen, dass Hemingway ein Genussmensch war, der normalerweise schon morgens seinen ersten Mojito trank. Man koennte ihn auch als Alkoholiker bezeichnen, und es duerfte unter den Bars in Madrid nur wenige geben, in denen er nicht irgendwann eingekehrt ist.

Folgerichtig wirbt dann auch ein Restaurant damit, eines der wenigen zu sein, in denen der Autor von „Whom the Bell tolls“ nie eingekehrt ist. Man muss schliesslich das Besondere hervorheben.

Oder man nennt sich einfach Museum. Da Madrid weder ueber Bodenschaetze noch ueber nennenswerte Industrie oder wenigstens einen Strand verfuegt, hat sich die Stadt frueh als Kunsthauptstadt des Landes etabliert. Beruehmt ist das Museo del Prado. Weniger beruehmt, aber trotzdem lohnend, ist das Museo del Jamon – das Schinkenmuseum.

Museum? Nun, alles ist relativ. Es gibt verschiedene Schinken zu kaufen. Vor allem aber gibt es Schinken und diverse andere Tapas zum Essen direkt vor Ort inklusiver einer grossen Auswahl von Gerichten fuer einen Euro. Ein Besuch lohnt also in jedem Fall, selbst wenn Hemingway meines Wissens auch hier niemals eingekehrt ist.

In diesem Sinne, Qué aproveche! (Guten Appetit)

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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