Gedankenwelten

Happy End

Ich glaube nicht an Happy Ends. Sie können nicht funktionieren.
Nehmen wir einen x-beliebigen Liebesfilm. Eineinhalb Stunden meistern die letztlich vom Drehbuch für einander bestimmten Protagonisten eine Schwierigkeit nach der anderen, bloß um am Ende, meist im Rahmen eines sich dramatisch zuspitzenden Handlungsstranges, doch zu einander zu finden. Und plötzlich ist alles gut? Nein, so einfach ist es nicht!
Der Zuschauer bekommt davon nichts mehr mit, aber wäre es nicht denkbar, dass sich die Beiden schon wenige Wochen später ganz furchtbar in die Haare kriegen? Sei es, weil eine von Beiden zu viel arbeitet, eine Affäre hat, die Zahnpasta-Tube nicht ordentlich zudreht?

Ein echtes Happy End bedürfte eines Endes. Das sagt schon der Name, und gemeint ist dabei nicht bloß der Abspann!

Es gibt eine Geschichte, die von einem alten Bauer erzählt, der mit seinem Sohn einen kleinen Hof bewirtschaftet und gerade so über die Runden kommt. Eines Tages gelingt es dem Sohn, ein wildes Pferd einzufangen und alle Nachbarn beglückwünschen den Bauern. Wenn das Pferd erstmal gezähmt sei, könne er damit einen Pflug über seine Felder ziehen und viel mehr Ertrag daraus ziehen als bisher.
Dann aber bricht sich der Sohn beim Zureiten des wilden Pferdes ein Bein, worauf alle Nachbarn den Bauern bemitleiden: ohne die Hilfe des Sohnes wird er möglicherweise nicht einmal genug erwirtschaften können, um seinen Hof halten zu können.
Dann jedoch zieht Krieg auf und alle wehrfähigen Männer müssen zur Armee. Viele sterben, andere werden ihre Leben lang Krüppel bleiben. Nicht aber der Sohn des Bauern. Wegen des gebrochenen Beines musste er nicht kämpfen und als es vollständig geheilt ist, ist der Krieg längst aus (es war wohl ein komplizierter Bruch).

Happy End?
Die Geschichte hört an dieser Stelle auf. Aber ist deswegen alles gut? Wer kann denn sagen, wie es dem Bauern und seinem Sohn weiter ergeht?

Ein Happy End braucht ein Ende, einen Punkt, von dem es nicht mehr weiter geht, eine Endmarke. Sonst führt immer eines zum anderen und jedes Schlechte kann etwas Gutes und jedes Gute etwas Schlechtes nach sich ziehen.
Schlimmer noch: je nach Perspektive kann was gut für den Einen durchaus schlecht für den Anderen sein. Wer weiß denn, oben eingangs beide Partner aus dem eingangs erwähnten Paar nicht mit jemandem anderen viel glücklicher gewesen wären, der nun statt dessen allein ist?
Darum mag ich Happy Ends nicht! Ich ziehe offene Enden vor.

In diesem Sinne – frohes Beenden … und frohes Anfangen!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

2 Kommentare Neues Kommentar hinzufügen

  1. Ach Felix, den Text mag ich nicht. Ich mag Happy-Ends. Ich will an sie glauben. Nicht an die ultimativen vielleicht, denn ja, es geht immer weiter. Aber an die Happy-Ends der einzelnen kleinen Episoden, aus denen unser Leben besteht – ja! Letztendlich sind Happy-End-Filme ja auch nichts anderes als Episoden aus dem Leben der fiktiven Hauptpersonen. Und wen kümmert es, wenn sich das Paar in zwei Wochen um den Zahnpastadeckel streitet? Jetzt, im Moment, sind sie glücklich. Wenn sie es schaffen, diesen Moment in sich zu bewahren, kann das Happy-End auch noch weitergehen.

  2. Würden wir alle ganz ohne Romantik und ohne Hoffnung auf die wahre Liebe durch die Welt gehen, würde ich auch nicht mehr an Happy Ends glauben. So aber bleibt die schöne Illusion. Genauso wie im Film.

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