Es ist schön, wieder in einer Stadt zu leben, in der Straßenbahnen fahren. In Karlsruhe Straßenbahnfahren ist wie Fernsehen – nur besser. Man kann nämlich nicht nur selber gucken, sondern auch ganz großartig andere Gucker beim Gucken beobachten.
Die Bahn fährt hier (noch) quer durch die Innenstadt, die man sich wie einen Schlauch vorstellen muss, der zwischen Süd-, Ost- und Weststadt liegt. Zu beiden Seiten der Strecke gibt es Geschäfte, Cafés und vor allem natürlich Menschen. Mit der Bahn durch Karlsruhe fahren hat daher etwas von einem Spaziergang im Zoo – zumindest scheinen es die meisten meiner Mitfahrer so zu sehen.
Besonders auffällig finde ich, dass vor allem Frauen beobachtet werden – und das gilt sowohl von männlicher als auch von weiblicher Seite; einzig der Blick ist anders.
Es ist Frühling geworden, bei den meisten Männern steht daher das ganz banale Gaffen im Vordergrund. Ich kann mich da nicht mal von freisprechen – auch ich gucke (unauffällig natürlich!) der hübschen Blondine im Minirock hinterher und erfreue mich an der luftigen Aufmachung der brünetten Schönheit, die vor der Bäckerei Dehnübungen zu machen scheint.
Spannend finde ich allerdings, dass es die meisten Mitfahrer weiblichen Geschlechts nicht anders machen. Kurioserweise stehen auch hier Frauen im Zentrum der Aufmerksamkeit. Anders als die Männer gaffen meine Mitfahrerinnen allerdinsg nicht – sie taxieren!
Es ist direkt unheimlich, wie kühl-kalkuliert sie mit einer fließenden Augenbewegung Gesicht (inklusive Make-Up), Busen, Hintern, Handtasche und Schuhe scannen und bewerten – meist recht offensichtlich mit einem entsprechenden Gesichtsausdruck. Nur sieht den meist keiner – sind ja alle viel zu sehr mit Gaffen beschäftigt.
In diesem Sinne, schönes Programm heute!