Zeitreisen

Globalisierung

Fast hätte ich mich gezwickt, um aufzuwachen. Diese Sekundenschlaf-Unfälle sind schließlich berüchtigt – und müde war ich definitiv, als ich gestern Abend von Konstanz nach Ravensburg, zu meinem neuen, temporären Zuhause gefahren bin. 

Als ich unterwegs kurz an einem Lidl gehalten habe, um noch schnell ein paar Dinge einzukaufen, hatte ich einen Moment das Gefühl, als hätte ich einen Sprung durch Raum und Zeit gemacht: ich war wieder in Berlin! Zuerst die nicht-alkoholischen Getränke, dann links das Brot und kurz dahinter die Obst- und Gemüseauswahl. Alles war exakt so bestückt, wie “mein” Lidl in Berlin.

Vermutlich habe ich einen recht seltsamen Eindruck gemacht, als ich so mit großen Augen durch die Regalreihen gestolpert bin. Wie jemand, der zum ersten Mal im Leben einen Supermarkt betreten hat. Aber ich konnte einfach nicht anders. Nach drei Wochen mehr oder minder chaotischem WG-Leben in Konstanz hat mich dieser vermeintliche Zeitsprung schlicht überwältigt. 

Weniger dramatisierend gestrickte Seelen mögen nun den Kopf darüber schütteln, mit welch einfachen Mitteln man mich aus der Fassung bringen kann. Frei nach dem Motto: “Globalisierung – da sieht eben jeder Lidl gleich aus”.

Ich habe trotzdem einen Moment gebraucht, ehe ich mich wieder auf die Straße gewagt habe. Vier Wochen bewusstes Nicht-Nachdenken – es war ja klar, dass das irgendwann seinen Tribut fordert.

In diesem Sinne, gute Reise in der Zeitkapsel!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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