In neun von zehn Fällen mag ich meine Sitznachbarn im ICE nicht. Ich weiß auch nicht, woran da liegt. Das Reservierungssystem der Deutschen Bahn mag mich einfach nicht. Schon rein körperlich ist das dann unangenehm, denn so sitze ich nicht nur angespannter, sondern zudem kontinuierlich in einer leichter Schräglage, weg vom ungeliebten Mitfahrer.
Zum Glück ist das nicht immer so, denn bei neun von zehn bleibt genau ein Fall übrig. Genau der bzw. die stieg in Göttingen zu. Klein und mit lachenden Augen saß sie von hier ab neben mir. Sie war Verwaltungsfachangestellte und verantwortlich für die Ausbildung von Azubis in Berlin. Sie war klein, Anfang dreißig und kam gerade von einer Schulung in Hessen. Zufällig hatte sie den Platz neben mir reserviert.
Wir haben uns ziemlich lange unterhalten. Sie hatte diesen Humor, der zwar gewöhnungsbedürftig war, meinem aber gerade deshalb so ähnelte. Ich dagegen habe sie zum Lachen gebracht.
Irgendwann sind wir am Hauptbahnhof angekommen. Unkompliziert, wie wir uns begegnet sind, haben wir uns verabschiedet. Man sieht sich, bis dann. Ich kenne nun ihre Lebensgeschichte, aber nicht ihren Namen. Auch sie weiß nur wie und was, aber nicht wer ich bin.
In neun von zehn Fällen hat die Bahn Verspätung, zumindest wenn ich mit ihr fahre. Nicht an diesem Tag. Man kann wohl nicht alles haben.
In diesem Sinne, sank you for travelling!