Papawelten Zeitreisen

Doppelt Papa oder: Was beim zweiten Kind anders ist

“Ein Kind ist kein Kind”, hat vor rund einem Jahr ein Bekannter (drei Kinder) zu mir gesagt, als ich mit ihm darüber sprach, wie das Vatersein meinen Alltag verändert hat. “Richtig los geht es erst beim Zweiten. Wirst schon sehen!”

“Beim Zweiten ist alles einfacher.”, fand ein anderer (zwei Kinder). “Das läuft dann eher nebenbei. Man kennt das ja alles schon.”

Ich gebe beiden Recht. Seit gut einem Monat bin ich nun doppelt Papa. Ich wechsle wieder winzige Windeln, lasse mir beim Bäucherchen-Machen Milchreste auf die Schulter spucken und frage mich, was im Kopf dieses winzigen Menschlein vor sich gehen mag, wenn er auf meiner Armbeuge liegt und mich mit seinen großen blauen Augen anschaut. Außerdem verbringe ich so viel Zeit mit meiner “Großen” wie ich es seit der Elternzeit nicht mehr getan habe. Ich baue mit Lego Müllautos und Kehrmaschinen, mache “Morgenkreis” oder ziehe mit ihr am Wochenende stundenlang von Spielplatz zu Spielplatz.

Beides kenne ich, nur eben nicht gleichzeitig. Überhaupt bin ich immer wieder überrascht, wie viel ich aus den ersten Papa-Wochen anscheinend vergessen habe. Wie klein so ein Baby ist, zum Beispiel. Wie es ist, ihm einen Body anzuziehen, ohne, dass die Angezogene selbst mithilft. Wie wenig Möglichkeiten ein Baby hat, mitzuteilen, warum es unzufrieden ist. Windel voll? Hunger? Bauch drückt? Während die Große redet wie ein Wasserfall und inzwischen sehr gut darin ist, ihre Mutter und mich zu dirigieren, bleibt bei der kleinen Schwester nur das Ausschlussverfahren, um den Grund für das Weinen herauszufinden.

Bei all dem scheint die Zeit ganz anders zu rasen als vor rund zwei Jahren, als ich das erste Mal Vater geworden bin. Damals schien jeder einzelne Tag die Eindrücke einer ganzen Wochen zu enthalten. Entsprechend lang kamen mir die erste Zeit zu dritt vor.

Jetzt fliegt sie. Vielleicht, weil vieles zwar wieder neu, aber doch auch irgendwie bekannt ist. Vielleicht auch, weil mir gar nicht die Zeit bleibt, all die Eindrücke angemessen zu würdigen. Denn während die Mutter, weil stillend, naturgemäß viel Zeit mit dem neuesten Familienmitglied verbringt, ist es an mir, die große Schwester bei Laune zu halten. Ach ja, und Arbeiten gehe ich ja auch noch nebenbei.

Dabei ist es tatsächlich so, dass bei dem Baby vieles routinierter abläuft als beim ersten Mal. Das fängt schon mit der Bürokratie vor und nach der Geburt an. Kind beim Standesamt anmelden, Elternzeit- und Elterngeldantrag ausfüllen, Mutterschaftsgeld beantragen, welche Geburtsurkunde muss wohin, und so weiter – alles schon einmal gemacht und die alten Checklisten zum Glück aufgehoben.

Auch die sonstigen Abläufe sind bekannt, das Setting von Wickeltisch und Co. erprobt und bewährt. Was das angeht, läuft es tatsächlich fast wie nebenbei. Auch die grundsätzliche Umstellung, jetzt nicht mehr Herr über die eigene Zeit zu sein, habe ich ja bereits hinter mir. Für mich macht es das erheblich leichter. Mich mit dieser Umstellung zu arrangieren, ist mir damals tatsächlich nicht so leicht gefallen.

Neu ist, dass nun noch weniger Zeit übrig bleibt. Bis ich das erste Kind in der Kita verabschiedet habe, ist gefühlt schon ein halber Tag rum. Und nach der Arbeit geht es normalerweise nahtlos weiter, bis irgendwann beide Kinder schlafen.

Dann bleiben mit etwas Glück noch ein, zwei Stunden, die ich mir allerdings mit einem Verzicht auf Schlaf erkaufe und in denen ja auch noch Dinge wie die Steuererklärung gemacht oder dieses Blog gepflegt werden wollen. Wobei: letzteres ist natürlich mein Privatvergnügen, genauso wie einfach mal Musik zu hören oder den einen oder anderen Gedanken aufzuschreiben. Ich kenne mich aber gut genug, um zu wissen, dass es lohnt, dafür mit einer verkürzten Nacht zu bezahlen, weil ich auf Dauer sonst einfach unzufrieden werden würde. Außerdem weiß ich ja, jetzt aus eigener Erfahrung, dass es nur für eine begrenzte Zeit so ist. Oder wie sagt man so schön? Sie werden ja so schnell groß!

Andererseits: zwei Jahre und drei Monate sind auf die nächsten mindestens 18 Jahre gerechnet natürlich nicht wirklich viel. Ein paar neue Erfahrungen dürften also noch auf mich warten.

In diesem Sinne, alle Papa-Artikel gesammelt gibt es hier!

 

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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