Wenn Deutschland Fußball spielt, tendiere ich zum Wechseln. So war es jedenfalls in den vergangenen Jahren. Eine Rückschau:
EM 2000: An diese EM habe ich die schwächste Erinnerung – wohl weil Deutschland schon in der Vorrunde ausschied. Auch ich schied aus, allerdings ohne Ball. Im Milleniumsommer endete meine freiwillig verlängerte Wehrdienstzeit bei der Luftwaffe. Ich war frisch verliebt, und dass Deutschland sowohl gegen England als auch gegen Portugal verlor, war mir herzlich egal.
WM 2002: Ich war ein Revolutionär. Zumindest kam ich mir so vor. In NRW sollten Studiengebühren eingeführt werden. An meiner Uni in Düsseldorf demonstrierten wir mit einem Streik und einer kurzzeitigen Rektoratsbesetzung gegen diesen Richtungswechsel aus der Feder der rot-grünen Landesregierung. Letzten Endes vergeblich, aber wir kamen uns ungemein wichtig vor. Manchmal zählt das ja mehr als das Ergebnis. Deutschland schaffte es jedenfalls ins Finale, wo es mit einem 0:2 gegen Brasilien ausschied.
EM 2004: “Wenn Griechenland Europameister wird, hast Du morgen frei”, sagte der Chef. Und der Kollege, ein Lagerarbeiter aus Griechenland, hatte frei – denn Griechenland wurde Europameister. Mir war Europa nicht genug, ich wollte die ganze Welt sehen. Deswegen war ich schließlich hier: im Lager einer mittelständischen Firma in Wuppertal. Sieben Monate dauerte es, bis ich genügend Geld verdient hatte, um mir meinen Traum zu erfüllen: mit dem Rucksack einmal um die Welt zu reisen. Deutschland schied bei dieser EM übrigens wieder in der Vorrunde aus.
WM 2006: Das deutsche Sommermärchen. Zurück von der Weltreise war ich ein Jahr zuvor nach Berlin gezogen. Mein Masterstudium finanzierte ich mir als Nachtportier in einem Berliner Hostel. Dummerweise schied Deutschland ausgerechnet im Spiel gegen Italien aus – dem einzigen Spiel, das ich auf der Fanmeile am Brandenburger Tor verfolgt habe. Da ich in der Nacht nach dem Finale arbeiten musste, hatte das auch Vorteile.
EM 2008: Wieder so ein Wechselmoment. Das Halbfinale Deutschland gegen die Türkei habe ich an meinem letzten Abend in Berlin geschaut. Das verlorene Finale gegen Spanien vier Tage später guckte ich in Wuppertal mit meinen Eltern, von wo es am nächsten Morgen mit Sack und Pack nach Süddeutschland ging – in meine neue Zwischenheimat, nach Konstanz.
WM 2010: Und wieder Zeit für einen Wechsel. Nach eineinhalb Jahren wilder Umzieherei (Ravensburg, Radolfzell, Donaueschingen) war ich gerade in Konstanz gelandet – und nach nicht mal einem Jahr wieder auf dem Sprung. Wenige Wochen vor der WM zog ich von Konstanz nach Karlsruhe.
EM 2012: Schon wieder Italien, schon wieder im Halbfinale – aus für Deutschland nach einem 0:2 in der Verlängerung. Auch bei mir ausnahmsweise keine Wechsel in Sicht. Nach zwei Jahren an einem Ort direkt ungewohnt.
In diesem Sinne, WM 2014 – schauen wir mal, wie weit Deutschland dieses Mal kommt!
PS: Weil ich es erst kürzlich mit einem Freund darüber hatte – dies ist Eintrag Nummer 850 auf felix-welt. Aber das nur am Rande.