Mitmenschen Tresenweisheiten

Treseninseln

Die meisten sitzen auf Barhockern. Sie könnten aber auch genau so gut auf einsamen Inseln hocken. Es ist Samstagnacht in einer dieser Diskotheken, die niemanden unter 21 Jahren reinlassen, wohl aber einige, die schon zwei Mal 21 Jahre alt sind. Die Musik pendelt zwischen Lady Gaga und Wolfgang Petry. Auch die Menschen auf der Tanzfläche tun das. Einige schaffen es sogar, beiden gleichzeitig ähnlich zu sehen, wenn auch nur von weitem.

Allerdings tanzen nicht alle. Es sind vor allem Männer, die meisten wohl zwischen 25 und 45 Jahre alt, die auf den hölzernen Hockern rund um die Theke sitzen, die eckig quer durch den Raum läuft. Die Blicke der Männer sind auf die Tanzfläche gerichtet, manche wackeln ungelenk mit dem Fuß und/oder Kopf zur Musik. Freiwillig tanzen würde wohl keiner von ihnen, auch wenn in den Blicken schon so etwas wie Sehnsucht liegt.

Die Männer wissen allerdings, dass sie nicht-tanzend die bessere Figur machen. Und so ganz haben sie die Hoffnung nicht aufgegeben, doch irgendwie mit einer der Frauen ins Gespräch zu kommen, auf deren kurze Röcke und enge Hosen sie möglichst unauffällig schielen.

Nicht alle Männer in der Disco sind so. Einige tanzen, viele mit der eigenen Freundin. Am Tresen sitzt dagegen der Männerüberschuss des Clubs. In gewisser Weise sind es traurige Gestalten. Viele von ihnen sind zudem wohl regelmäßig hier, und ebenso regelmäßig bleiben sie allein, wenn irgendwann später am Abend “die Reste” verteilt werden, also noch einmal rücksichtslos all die Frauen angebaggert werden, die noch alleine und möglicherweise auf der Suche zu sein scheinen.

In diesem Sinne, arme Treseninseln!

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

1 Kommentar Neues Kommentar hinzufügen

  1. oh ja, das ist mir auch schon öfters aufgefallen…
    es wär doch so leicht aufzustehen und einfach mitzutanzen, auch wenn’s lustig aussieht – na und…? hauptsache es macht spass und ehe man(n) es sich versieht, tanzt man plötzlich nicht mehr alleine… ;-)

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