Nach der ersten Woche ist klar: ich muss mir dringend ein neues Auto kaufen. Möglichst mit Käse überbacken.
Drei Wochen waren I. und ich in den USA unterwegs. Die Abende liefen dabei meist recht ähnlich ab. Vor der Ankunft noch schnell zu Safeways, Ralphs, Vons oder einer der anderen großen Supermarktketten, etwas zum Abendessen besorgen. Dann Einchecken ins Motel, das wir bis zum nächsten Morgen nicht mehr verlassen würden.
Echte Stadtzentren nach europäischen Vorbild gibt es hier, im Westen der Vereinigten Staaten, selten. Die meisten Orte auf unserer Route bestehen einfach nur aus einer Hauptstraße, die zugleich Highway und Durchgangsstraße ist. Hier reihen sich Motel an Motel, dazwischen die üblichen Verdächtigen: Restaurantketten wie Denny’s, Taco Bell, Wendy’s. Die abgehenden Seitenstraße sind kurz und ausschließlich von Wohnhäusern gesäumt. Die Bürgersteige, so es sie denn gibt, sind menschenleer und werden spätestens gegen 19 Uhr, nach Einbruch der Dämmerung, vollständig hochgeklappt.
Die Fenster der, meist aus Holz gebauten, Wohnhäuser, sind meist mit blickdichten Vorhängen verhangen. Nur hin und wieder sieht man ein bläuliches Licht nach draußen dringen: ein Fernseher.
Bei uns ist es nicht anders. Nach zehn, zwölf Stunden auf endlos scheinenden Straßen und in landschaftlich unglaublich beeindruckenden Nationalparks sind unsere Speicher voll. Anders als in Europa, wo ich nach dem Einchecken fast immer noch eine Runde drehe und am liebsten noch irgendwo ein gemütliches Bier trinken gehe, um den Tag ausklingen zu lassen, freue ich mich nun darauf, einfach mit einem kalten Bier im Motelzimmer vor dem Fernseher zu sitzen.
Fernsehen in den USA ist anders als in Deutschland. Je nach Motel ist die Programmvielfalt so groß, dass man locker einen vollen Abend braucht, um alle Kanäle einmal durchzuschalten. Es gibt viele spanischsprachige Sender, zahlreiche unglaublich unsinnige Shows (die vermutlich früher oder später auch alle von deutschen Sendern adaptiert werden) und außerhalb der Bezahl-Sender wie HBO vor allem eines: Werbung. Viel Werbung.
Anders als in Deutschland, wo sich in einem Werbeblock die unterschiedlichsten Branchen tummeln, scheint es in den USA derzeit nur zwei Produkte zu geben, die an den Mann respektive die Frau gebracht werden sollen: Autos – und Essen. Das dafür so intensiv, dass ich tatsächlich irgendwann aus reinem Interesse angefangen habe, Vergleichstests zu den vorgestellten Automarken zu lesen. Was unterscheidet den Ford F150 vom Chevrolet Silverado? Ist der neue RAM 1500 Rebel wirklich so gut, wie die Werbung verspricht? Keines der genannten Modelle würde in Deutschland auch nur durch eine Parkhauseinfahrt passen. Ich brauche auch kein neues Auto. Aber interessiert hat es mich dann doch.
Wurde gerade kein Auto beworben, gab es bildschirmfüllende Bilder von amerikanischen Fast Food, meist in irgendeiner Form mit Käse überbacken. In einem Spot fährt die Kamera fast zärtlich über Berge von gebratenem Speck und wird dabei von Eric Carmens “Hungry Eyes” begleitet, bekannt aus dem Film “Dirty Dancing”. Im nächsten Spot streitet sich ein Mann in einem weißen Anzug mit sich selbst, ob frittierte Hähnchenflügel am besten mit Honig-Senf-Marinade zu genießen seien oder nur “Nashville-Hot” gegessen werden dürften.
Dass die Werber nicht ganz daneben liegen können, wurde mir spätestens dann klar, als mein Kopf ungefragt anfing, beim Vorbeifahren die Restaurantketten am Straßenrand den Angeboten aus den Spots zuzuordnen. “Ah, Popeyes, da gibt es doch Popcorn Chicken für nur vier Dollar.” Unheimlich, irgendwie.
In diesem Sinne, guten Appetit und gute Fahrt!
PS: Alle Artikel aus dieser und der USA-Reise von vor zwei Jahren gibt es hier.