Vielleicht sollte ich Euch das lieber nicht sagen. Weil Ihr sonst womöglich auch alle dorthin kommt. Andererseits wäre es egoistisch, es für mich zu behalten. Zumal es auch nur eine Meinung ist. Vielleicht seht Ihr das auch ganz anders.
Die meisten Menschen, mit denen ich gesprochen habe, mögen Los Angeles nicht. Eine hässliche Stadt. Stau. Nichts für Fußgänger. Der Reiseführer empfiehlt, eine Western USA-Rundreise eher in San Francisco zu beginnen. Oder in Las Vegas. Auch San Diego sei eine Option. Los Angeles dagegen sei einfach kein schöner Start.
Ich sehe das anders. Ich mag Los Angeles. Bereits das zweite Mal haben wir unsere USA-Tour in Los Angeles begonnen und sie auch dort beendet und ich glaube, wir würden es auch ein drittes Mal so machen.
Los Angeles ist riesig. Von Norden nach Süden beträgt die Ausdehnung über 70 Kilometer, also in etwa die Strecke von Karlsruhe nach Stuttgart. Je nachdem, wie man die “Stadt” Los Angeles definiert, ist es sogar noch mehr (streng genommen besteht das, was landläufig als Los Angeles bezeichnet wird, aus einer ganzen Reihe einzelner Städte, die allerdings mehr oder weniger nahtlos ineinander übergehen). Wie in den USA typisch gibt es auch in LA ein paar Hochhäuser, die von weitem betrachtet so etwas wie eine Skyline bilden. Das beschränkt sich allerdings auf downtown, das Geschäftszentrum von Los Angeles.
Der größte Teil der Stadt dagegen besteht aus flachen, nur ein oder zwei Etagen hohen Häusern. Die stehen an breiten, langen Straßen, die im Schachbrettmuster angeordet sind und sich kilometerlang hinziehen, ohne dass es auch nur eine einzige Kurve gäbe. Dazu gibt es ein dichtes Netz an Freeways, die, obwohl sie auf zehn, zwölf oder vierzehn Spuren über- und untereinander verlaufen, eigentlich ständig verstopft sind. Werbetafeln überall am Straßenrand erinnern derweil daran, dass man hier in Amerika ist – “kauf etwas” rufen sie, “konsumiere”, die Ur-Triebfeder des Kapitalismus ist hier überall zu spüren.
Allerdings gibt es auch ein anderes Los Angeles. Das beginnt immer dort, wo man das große Ganze verlässt und sich auf das Kleine einlässt. Mikrokosmen, von denen zwar jeder einzelne unverkennbar die DNA der gewaltigen Stadt in sich trägt, aber trotzdem jeder für sich genommen anders ist. Wo die breiten Straßen nicht mehr erdrückend, sondern schlichtweg bequem und befreiend wirken. Der Weg von A nach B gehört Dir, wenn Du ihn denn fahren willst. Fahren – nicht gehen – auch wenn es durchaus Ecken gibt, in denen man zu Fuß gehen kann und sollte.
Bei unseren Aufenthalten in Los Angeles haben wir in verschiedenen Stadtvierteln gewohnt. Einmal in Venice Beach, unweit des Hauses, in dem David Hasselhoff gewohnt hat, als er noch als “Mitch” in Baywatch unterwegs war (angeblich einer der Gründe, warum eine Reihe der eigentlich in Malibu spielenden Serie in Venice gedreht worden sind). Venice Beach, das klang so nach Klischee, dass es eigentlich nur gut sein konnte. Und es war auch nicht schlecht. Gelandet sind wir am Ende trotzdem immer wieder in einer ganz anderen Ecke der Stadt.
Am wohlsten gefühlt haben wir uns immer in Redondo Beach, eine halbe Stunde südlich von den bekannten Filmstränden wie Venice oder Santa Monica. Wenngleich trotzdem nicht unbekannt, wenn man sich die Mühe macht, entsprechende Drehorte nachzuschlagen. So ist der Redondo Beach Pier ein zentraler Drehort der Serie O.C. California und auch diverse Baywatch-Szenen wurden hier gefilmt. Trotzdem dürfte Redondo wohl eher zu den unbekannteren Orten LAs gehören.
Das hat durchaus Vorteile. Der erste: Die Motels sind hier meistens eine ganze Ecke günstiger als in Santa Monica und Co. Trotzdem ist der Weg zum Strand (Bild oben) oft näher und zu Fuß gut gehbar (es gibt sogar Bürgersteige!). Auch die meisten Sehenswürdigkeiten von LA sind von hier aus nicht wirklich schlechter zu erreichen, weil richtig schlimmen Staus auf der Interstate 405 erst weiter nördlich anfangen und man bis dahin oft sogar erstaunlich gut voran kommt.
Vor allem aber hatte es immer etwas von nach-Hause-Kommen, wenn wir am Abend nach Redondo Beach zurück gefahren sind. Der Ort war einerseits so eindeutig Teil von Los Angeles, andererseits aber auf seine Art so herrlich abseits von dem, was man gemeinhin an an Negativem mit dieser Stadt verbindet. Hier einzukaufen oder etwas essen zu gehen, fühlte sich weniger wie Urlaub, sondern vielmehr alltäglich an, ohne dass ich sagen könnte, woran das eigentlich lag.
In diesem Sinne, jetzt habe ich Fernweh …
PS: Alle Post zu unseren USA-Urlauben gibt es hier gesammelt!