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Zwischenspeichern

Wenn es funktioniert, wird es die Welt revolutionieren: amerikanische Wissenschaftler haben eine Methode entwickelt, mit der Menschen Ihr Leben zukünftig “zwischenspeichern” können.

Was bisher nur in Computerspielen möglich war, soll schon in wenigen Jahren auch im echten Leben funktionieren. Vor einer komplizierten Prüfung, einer richtungsgebenden Entscheidung oder auch einfach so zwischendurch – schnell auf “Lebensstand speichern” klicken, und man ist auf der sicheren Seite, so das Magazin Future Science Review in seiner neusten Ausgabe. Bei Bedarf kann die gespeicherte Lebenssituation dann jederzeit wieder hergestellt und von vorne begonnen werden.

Die Technik, heißt es in dem Artikel, ist wohl erst in zehn bis zwölf Jahren einsatzbereit (weitere fünf bis zehn Jahre dürften dann bis zur Serienreife vergehen), von den schier unbegrenzten Möglichkeiten des “Life Backup” träumen darf man aber schon heute. Schließlich gibt eigentlich es jeden Tag kleinere oder größere Entscheidungen, die man vielleicht gerne revidieren würde, wenn man erstmal gemerkt hat, wohin sie führen.

Ein Klick genügt, schon hat man die Wahl, sich den unerwartet folgenschweren Anruf einfach zu verkneifen, kann man das achtlos dahin geworfene Wort doch noch runterschlucken oder das achte Bier eben nicht trinken und sich so einen peinlichen Ausfall ersparen. Man kann doch noch schnell Kondome besorgen oder statt der vermeintlichen Traumfrau deren Freundin anbaggern, von der man jetzt ja weiß, dass sie die bessere Wahl gewesen wäre. Im Handumdrehen geht es auf “Start” zurück, wo wieder alle Möglichkeiten offen sind – mit dem Vorteil, dass man nun zumindest bei einer weiß, dass sie nicht funktioniert.

Zugegeben, nicht jedem mag die Vorstellung behagen, künftig ganz ohne Risiko durchs Leben zu gehen. Das perfekte Leben sei langweilig, kritisieren sie, der Reiz sei doch gerade, dass man vorher nicht weiß, wohin Entscheidung A führt und ob B nicht vielleicht die bessere Alternative wäre. Oft seien es doch gerade die vermeintlich falschen Wege, die sich letztlich in Form von “Weißt Du noch” ins Gehirn brennen und am Ende das Leben ausmachen. Perfektion, sagen sie, ist langweilig, ein Leben ohne Risiko nicht lebenswert.

Diese kleingeistigen Fortschrittsverneiner! Es steht doch jedem frei, einfach mal die “Auto-Speichern”-Funktion auszuschalten und der Gefahr zumindest für einen Tag ins Gesicht zu sehen. Zu Wählen, ohne zu wissen, wohin es einen führt, sich nur auf Verstand, Gefühl und Erfahrung zu verlassen. Wer sich kopfüber ins Verderben stürzen möchte – bittesehr! Vermutlich geht Ihr ja ohne Sicherheitsleine und Schutzhelm aus dem Haus …

In diesem Sinne, immer schön zwischenspeichern!

 

PS: Für den etwas flüchtigeren Leser – alle Erfindungen und Zeitschriften aus diesem Beitrag sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Erfindungen und Zeitschriften sind rein zufällig und bestimmt nicht gewollt.

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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