Karlsruhe Mitmenschen

Gangs of Blankenloch

S2 von Karlsruhe nach Blankenloch, Erlebnis 1:
“Ihhh! Immer mit freiem Oberkörper als Profilbild”, rief Junge #1 mit betont angeekelter Stimme und hält seinen beiden Freunden das Smartphone-Display vor die Nase. Wie sie ist er 13, höchstens 14 Jahre alt und trägt zu weite Hosen und zupft immer wieder aufgeregt an seiner Frisur rum.

“Single, steht hier im Profil”, sagte Junge #2, ebenso weite Hosen, vielleicht eine Spur weniger Gel in den Haaren. Auch er hält sein Smartphone in die Runde. “Single – kein Wunder!”, schnauft er dann, “Der hatte schon seit einem Monat keine Freundin mehr. Mindestens!”

“Der ist noch keine 14”, mischte sich nun Junge #3 ein, “der ist 2002 geboren, also erst 13. Außerdem hat der doch letztens noch in der D-Jugend gespielt, der kann noch gar keine 14 sein.”

“Ich glaube sogar, der hatte noch viel länger keine Freundin”, ereiferte sich Junge #2 erneut, “nicht nur einen Monat! Kein Wunder, immer diese Bilder mit freiem Oberkörper.”

S2 von Karlsruhe nach Blankenloch, Erlebnis 2:
“Ey, natürlich sind das Zivilbullen. Das sieht man doch!”, zischt der größte der vier, etwa 14 Jahre alten Jungen und deutet auf mich und meine Begleiterin. Aufgeregt rammt er dem Jungen neben sich den Ellbogen in die Rippen.

Für einen kurze Augenblick herrscht absolute Stille. Dann bricht es aus dem einen Jungen heraus: “Trotzdem!”, ruft er, “dem Jerome, dem verkaufe ich den Shit! Der hat mich angerufen, das ist mein Deal!”

Die Jungen sitzen ungefähr zwei Meter von uns entfernt. Bereits seit zehn Minuten beschäftigen sie sich mit der Frage, wer eigentlich wem was verkaufen darf. Dabei scheinen sie großen Wert darauf zu legen, dass auch wirklich jedem Zuhörer klar ist, dass es hier um Drogen geht. Gangs of Blankenloch. So sind sie. Keine Angst, nicht einmal vor einem Zivilbullen wie mir.

In diesem Sinne, läuft bei Euch?

 

Journalist und Geschäftsführer eines Nachrichtenportals, Indiana Jones, Papa von zwei Töchtern, schreibt hier privat. Mag Hotelbetten, Ernest Hemingway, Berlin, Erich Kästner, Wuppertal, Schreiben mit Füller, schöne Kneipen, dicke Bücher, Fotografieren, scharfes Essen und kaltes Bier.

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